Es gibt ein Ereignis, das man als Anwender eines Windows-Computers nicht erleben möchte. Und obwohl es in den neueren Betriebssystemversionen immer seltener vorkommt, ist der Name jenes Ereignisses zu einem Synonym für Komplettabstürze geworden: „Bluescreen“. Genau diesen Namen hat nun auch der neue Roman von Dan Wells, welcher den Untertitel „Ein Mirador-Roman“ trägt, also offenbar Teil eines neuen Universums ist. Wir wollten herausfinden ob das Werk ebenfalls von Abstürzen handelt.
Die Cherry Dogs sind ein Team aus Spielern, die in der virtuellen Welt gemeinsam Turniere spielen – und sich für ihre unkonventionellen Strategien mittlerweile einen Namen gemacht haben. Marisa Carneseca ist ihre kreative Note, eine Hackerin und hat mexikanische Wurzeln. Sie hat dabei Freunde in sehr unterschiedlichen Kreisen und muss sich sowohl mit den Gefahren des organisierten Verbrechens als auch mit den Ärgernissen der High Society herumschlagen. Die meisten Menschen besitzen ein sogenanntes Djinni, ein implantiertes Interface, das die direkte Kommunikation zwischen Gehirn und Datennetz ermöglicht. Als eine von Marisas Freundinnen eine neue Droge ausprobiert, die offenbar einen Virus beinhaltet, der sich im Djinni von Sahara festsetzt, ändert sich jedoch alles. Denn „Bluescreen“, wie die Droge heißt, ermöglicht nicht nur, dass sich Malware im Kopf der Opfer festsetzt. Sie gibt einer unbekannten Partei die Möglichkeit, den Körper des Befallenen wie eine Puppe fernzusteuern. Nachdem bereits mehrere Morde in diesem Zusammenhang passiert sind und sich verschiedene Gangs – mit familiärer Beteiligung – deshalb zu bekriegen beginnen, findet Marisa, die im Netz „Heartbeat“ genannt wird, eine Spur…
Der Beginn des Romans lässt den Leser ein wenig an den Film „Avalon“ oder die Welten aus „Otherland“ denken – wobei der Begriff „Overworld“ für die virtuelle Realität diesen Eindruck noch verstärkt. Doch dann nimmt die Handlung andere Züge an. Eine Gratwanderung beginnt, teils Jugendroman, teils virtuelle Cyberkriminalität. Man kann sich als Leser nicht sicher sein, in welche Richtung der Autor als nächstes strebt. Ein Thema des Werks ist jedoch definitiv die bedenkenlose Öffnung des eigenen Lebens für die große Datenautobahn. Etwas, das in „Bluescreen“ noch drastischer dargestellt wird, da Software hier direkt mit dem Gehirn der Menschen interagiert und nur rudimentär durch lokale Firewalls oder Antivirensoftware geschützt wird. Auch das „hacken“ des menschlichen Verstandes zielt in diese Richtung ab. Gleichzeitig werden im Buch eine Menge Drohnen, Überwachungskameras und ähnliches ganz nebenbei übernommen, weswegen man wieder nicht sicher sein kann, ob Dan Wells das nun als gute, schlechte oder einfach neutrale Angelegenheit betrachtet. So ist man irgendwie gespalten, was das Werk angeht. Einerseits ist es spannend und unterhaltsam, mit Themen, die sich auf zukünftige technologische Entwicklungen beziehen, andererseits hat man irgendwie nicht das Gefühl, dass es sich um etwas noch nie Dagewesenes handelt. Ein guter Roman ist „Bluescreen“ jedoch in jedem Fall, weswegen wir ihn Lesern, die gerne Science-Fiction lesen, die sich nicht zu weit von der aktuellen Gegenwart entfernt hat, gerne empfehlen können.
„Bluescreen“ ist ein Werk von Dan Wells, das mehr als nur leichte Cyberpunk-Anleihen genommen hat. Die Mischung aus Jugendroman und Cyberthriller ist zwar gut gelungen, spannend und unterhaltsam, hinterlässt jedoch nicht den Beigeschmack von Einzigartigkeit. Trotzdem ist das Buch all jenen zu empfehlen, die sich gerne mit virtuellen Realitäten und einer möglichen Gefahr der Zukunft im Rahmen eines Unterhaltungsromans beschäftigen.
Details
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Erschienen:10/2016
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Umfang:368 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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Altersempfehlung:14 Jahre
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ISBN 13:9783492280211
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Preis (D):12,99 €