Märchenspinnerei

Der Kater unterm Korallenbaum


Oder: Wünschen will gelernt sein
von Christina Löw
Rezension von Stefan Cernohuby | 12. November 2021

Der Kater unterm Korallenbaum

Über viele Kreaturen unter der Sonne gibt es Legenden, Fabeln und Märchen. Spannend dabei ist, dass man vielen von ihnen in unterschiedlichen Kulturkreisen relativ ähnliche übernatürliche Fähigkeiten andichtet. Auch Christina Löw hat sich in ihrem zweiten Roman „Der Kater unterm Korallenbaum“ einer bekannten Basis angenommen, diese aber auf überraschende Weise in die Gegenwart geholt – und sie verbindet damit sogar den japanischen und deutschen Volksglauben.

Yuki ist Werbedesignerin mit vielen guten Ideen. Und doch ist sie noch jung, eckt oft an und hat auch mit ihren Kolleginnen Probleme. Aber auch ihre Familie ist nicht so wirklich harmonisch. Es ist ihr Vater, der sie und ihre beiden älteren Geschwister zusammenhält. Doch als dieser stirbt und aufgrund eines seltsamen Testaments Zwist ausbricht, wird alles sehr chaotisch. Da hilft es nicht wirklich, dass sie den alten Familienkater Sasuke erbt und dieser nach einer Weile offenbart, dass er sprechen kann und noch über ganz andere Fähigkeiten verfügt. Denn da geht es erst richtig los mit Liebeschaos, beruflichen Auseinandersetzung, Wohnraum-Wechsel und letztendlich mit der Suche nach den eigenen Wurzeln und der eigenen Identität. Denn wie der Untertitel des Buchs schon suggeriert: Wünschen will gelernt sein. Nur weil ein Kater offenbar über das große Talent verfügt, das was man sich von ihm wünscht, zur Realität werden zu lassen, bedeutet das nicht, dass das Ergebnis nicht doch seinen Preis hat. Einen Preis, mit dem Yuki vielleicht nicht leben kann …

Man findet sehr schnell in die Handlung hinein und sollte eigentlich vom Titel und Inhaltsangabe wissen, worauf man sich einlässt. Dennoch wird man – vermutlich ist das ein Talent von Katzen – von Kater Sasuke auf dem falschen Fuß erwischt. Man findet sich in einer Spirale aus Möglichkeiten wieder, welche die Protagonistin alle wahrnehmen will. Allerdings ohne an die möglichen Folgen ihrer Taten zu denken. Dementsprechend muss sich Yuki nach dem Einstürzen des Kartenhauses erst selbst finden. Die Autorin verbindet das hier mit einer Suche nach den eigenen Wurzeln, die ganz nebenbei auch interessante Parallelen und Unterschiede zwischen dem japanischen und deutschen Volksglauben aufwirft. Und sie macht sehr viel Appetit auf weitere Geschichten von einem Kater, der mutmaßlich sehr viel älter ist, als man erwartet und der vermutlich schon eine ganze Menge von der Welt gesehen hat. Aber wer weiß – vielleicht wird er irgendwann noch einmal zu Wort kommen. Als 17. Band im Rahmen der Märchenadaptionen der Märchenspinnerei sind die Parallelen zum Grimm’schen Vorbild hier eher dezent eingeflochten, aber das macht den Roman letztendlich überzeugender, als wenn die Handlung 1:1 in die Gegenwart geholt worden wäre. Das macht das Buch zu einer empfehlenswerten Lektüre, die auf die richtige Mischung setzt.

„Der Kater unterm Korallenbaum“ ist eine weitere Märchenadaption, die als 17. Band der Märchenspinnerei erschienen ist. Das von Christina Löw stammende Werk trägt den Untertitel: „Oder: Wünschen will gelernt sein“ mit Grund. Die Mischung aus Märchen und Realität trifft genauso ins Schwarze wie die aus Ernsthaftigkeit und Humor. Darüber hinaus beschäftigt sich das Werk noch mit unterschiedlichen Kulturkreisen und Überlieferungen. Dementsprechend kann man den Roman mit gutem Gewissen empfehlen.

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Bewertung

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