Es gibt eine ganze Menge Dinge, die man begehren oder nach denen man sich sehnen kann. Eine bekannte, wenngleich ungewöhnliche Vorliebe existiert für den Mond. Übersteigt das Verlangen den Mond zu sehen eklatant die Normwerte, spricht man gar von "Mondsucht". Doch A. Lee Martinez scheint in seinem aktuellen Roman noch einen großen Schritt weiter zu gehen. Denn dessen Titel lautet "Der Mond ist nicht genug".
Diana ist gewissermaßen ein Pechvogel. Nichts läuft so wie es sollte und ganz bestimmt nicht ihre Wohnungssuche. Als sie endlich ein erschwingliches möbliertes Appartement in einem etwas heruntergekommenen Haus findet, scheint es, als wäre alles zu schön um wahr zu sein. Und tatsächlich wird ihr schnell bewusst, dass sie sich in einem Schrank ein Monster befindet, das sie umgehend verspeisen würde, wenn es frei kommt. Keine schöne Sache, vor allem da das Wesen pausenlos versucht, sie davon zu überzeugen, die Tür zu öffnen.
Ihre Laune bessert sich nicht, als sie am Rande erfährt, dass es ihrem Vorgänger nicht gut ergangen ist. Also greift sie zu einem Trick. Die Tatsache, dass ihr Kühlschrank offenbar unendlich viele Lebensmittel produzieren kann, gereicht ihr zum Vorteil, so lässt sie das Monster frei und dirigiert es (mehr oder weniger) sanft fort von ihr, hin zum Essen. Danach wird das Gefängnis zur Wohngemeinschaft. Diana und Vorm, ein haariger Ball mit Mündern überall, versuchen das Beste aus der Lage zu machen. Doch was sich für immer geändert hat, ist die Wahrnehmung dessen, was wir als Realität verstehen. So bemerkt sie nun, wie immer wieder fremde Wesen in die Welt eindringen und diese den Schaden letztlich wieder selbst repariert. Bei einigen solcher Gelegenheiten erweitert sich die Wohngemeinschaft um den unendlichen Smorgaz und das fliegende Auge Zap. Längst hat Diana festgestellt, dass sie in keinem normalen Haus lebt und auch die Bewohner der Nachbarwohnungen ihre eigenen Aufgaben haben. Eine normale Beziehung zu jemand ist auch schwer möglich, da sie langsam Eigenheiten ihres ursprünglich anvertrauten Vorm annimmt - kurz gesagt, ihr Hunger wird immer größer. Dann allerdings lernt sie Sharon und ihren Freund kennen. Und dabei stellt sie fest, dass der Mond und die Welt in größerer Gefahr schweben, als sie jemals gedacht hätte.
Mit Skurrilität kann man im Genre der Phantastik schon länger punkten. Und A. Lee Martinez hat sich durch seine absurden Szenarios, viel Humor und mittlerweile über zehn Romane bereits viele Sympathien gesichert. Und Fans werden auch vom aktuellsten Roman nicht enttäuscht, denn sowohl Handlung als auch Charaktere sind wieder einmal herrlich abstrus. Die Witze treffen ihr Ziel und auch die Auflösung des großen Rätsels des Buchs ist gelungen. Weder tappt die Handlung aufgrund ihres halbmythologischen Hintergrunds in Klischee-Fettnäpfchen, noch wird sie an irgendeiner Stelle wieder so ernst, dass man sich nicht mehr angemessen unterhalten fühlen würde. Kurzum, alle Kenner von Martinez` Werken sollten hier auf jeden Fall zugreifen. Quereinsteigern könnte zwar die Art und Weise, in der das Werk verfasst ist, vielleicht anfangs einen gewissen Kulturschock verpassen, vermutlich würden sie sich durch die Handlung jedoch trotzdem versöhnen lassen. Ein Buch, für das die veranschlagten zehn Euro ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis darstellen. Über die Übersetzung des Titels von Seiten des Verlags muss man wieder einmal hinwegsehen können - aber das fällt einem hier ziemlich leicht.
"Der Mond ist nicht genug" stellt zwar keine wirklich adäquate Titelübersetzung des Romans von A. Lee Martinez dar, der Inhalt weiß dafür umso mehr zu überzeugen. Eine abstruse und gleichzeitig spannende Handlung wird durch witzige Charaktere und eine unterhaltsame Ausgangssituation ergänzt. Alles zusammen ergibt einen rasanten und amüsanten Mix, über den Fans und Kenner ohnehin bereits informiert sind und der auch Quereinsteigern ans Herz gelegt werden kann.
Details
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:05/2013
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Umfang:400 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ASIN:349226882X
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ISBN 13:9783492268820
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Preis (D):9,99 €