Das Werden eines Autors ist beinahe gleichzusetzen mit Geschichten oder Romanen. Denn genau wie diese entwickeln sich auch der- oder diejenigen, die hinter den Werken stecken. In der Regel ist es schwer diesen Entwicklungsprozess im Auge zu behalten, außer man verfolgt eine Karriere über Jahre oder Jahrzehnte. Isa Theobald hat mit ihrer Kurzgeschichtensammlung „19“ jedoch eine Möglichkeit gefunden, ihren Lesern einen etwas anderen Einblick zu gewähren.
Nach einem eindrucksvollen Vorwort von Christian von Aster sieht man sich todgeweihten siamesischen Zwillingen gegenüber. Man lernt das Grauen in Form eines kleinen, schmutzigen Kindes kennen. Man trifft Verkörperungen von Metropolen, nähert sich Feen auf seltsame Weise an und trifft in einer geheimnisvollen Bibliothek seltsame Wesen, von denen nur eines Flügel besitzt. Man besucht hawaiianische Götter, verstörte Mädchen und rachsüchtige Köchinnen. Man begleitet einige Kinder dabei, wie sie sich gegen seelenraubende Wesen zu Wehr setzen, erspäht dreimal verfluchte Masken und liest von einer etwas anderen Heldengeschichte Midgards. Man ist dabei, wie ein traditionelles Opfer untraditionell endet, begegnet einem sehr alten Freund ein letztes Mal wieder und ist von verschiedenen Möglichkeiten göttlicherer Entitäten verwirrt. Hieronymus Bosch und John Dee sind keineswegs einer Meinung, die Entstehung des Herbstes bekommt eine neue Facette und wenn Cthulhu am Strand zusieht, passieren dort gar tentakelige Dinge...
Das sollte als Andeutung genügen, will man wissen, was man in „19“ findet, der bei Edition Roter Drache erschienenen ersten Kurzgeschichtensammlung von Isa Theobald. Was kann man jetzt zu dieser sagen? Ist es eine Sammlung der genialsten Kurzgeschichten einer Autorin und ein Buch, dass man unbedingt im Regal stehen haben muss? Die Antwort auf diese Frage mag hart klingen. Nein, ist sie nicht. Aber …
Und auf das Aber kommt es in diesem Fall an. Wie schon in der Einleitung angesprochen, macht jeder Autor einen Entwicklungsprozess durch. Von ersten Versuchen über noch etwas rohe und vielleicht etwas grobschlächtigere Versuche bis hin zu dem Punkt, wo der eigene Stil gefunden wird und die Werke wie aus einem Guss wirken. Isa Theobald hat ihren Lesern mit „19“ ermöglicht, die ersten Schritte ihres eigenen Entwicklungsprozesses nachzuvollziehen und zu begleiten. Von 2007 bis 2018 begleitet man das Werden der Geschichten, die zwischendurch manchmal noch etwas unfertig, manchmal zu lang sind aber mit der Zeit immer ausgefeilter, immer runder wirken – selbst wenn es um Tentakel geht. Und man weiß, Isa Theobald ist noch lange nicht am Ende des literarischen Kletterpfades angelangt, der sich eine steile Bergstraße nach oben kämpft. Daher macht es nichts, wenn dieses Werk insgesamt nur durchschnittlich gelungen ist. Denn es geht weiter nach oben.
„19 – Geschichten aus dem Dazwischen“ ist nicht nur eine Kurzgeschichtensammlung mit düster-phantastisch-grusligen Werken von Isa Theobald. Es ist ein Werk, mit dem man miterleben kann, wie sich eine Autorin von Jahr zu Jahr immer mehr steigert. Und somit erlebt man die ersten Schritte auf einer Reise mit, die gerade erst begonnen hat, und die sehr verheißungsvoll ist.
Details
-
Erschienen:03/2018
-
Umfang:204 Seiten
-
Typ:Taschenbuch
-
Altersempfehlung:16 Jahre
-
ISBN 13:9783946425397