Sagredo

von Alexander Drews
Rezension von Claudia Cernohuby | 15. Dezember 2013

Sagredo

Die Wirtschaftskrise, Aufarbeitung von Geschichte, Sexismus und Emanzipation, völlig überholte Gesellschaftsbilder und der Drang Traditionen aufrecht zu erhalten, Mord und Gewalt - das alles sind sehr ergiebige Themen für Erzählungen. Alexander Drews hat sie alle in einen einzigen Roman gepackt.

Der junge Botaniker Ilja kommt im Auftrag seiner Universität nach Sagredo um Forschungsarbeiten durchzuführen. Es handelt sich dabei um ein kleines, verschlafenes Dorf in den kastilischen Bergen. Schnell freundet er sich mit der Studentin Marisol an, welche die Ferien bei ihrer Tante verbringt. Die lebenslustige und neugierige junge Frau überredet ihn, mit ihr in ein altes, leerstehendes Haus einzubrechen, in dem sie ein altes Tagebuch finden. Dieses gehörte einem Mädchen, das in den 1970er Jahren hier gelebt hatte. Fasziniert begeben sich die beiden auf Spurensuche, denn die Verfasserin des Tagebuchs verschwand scheinbar vor langer Zeit. Immer tiefer tauchen Ilja und Marisol im Zuge ihrer Recherchen in die Vergangenheit des Ortes und seiner wenigen Einwohner ein, während im idyllisch erscheinenden Sagredo einige mysteriöse Todesfälle die Bevölkerung weiter reduzieren. Schließlich erkennen die Hobbydetektive das dunkle Geheimnis in der Geschichte von Sagredo, welches den Ort auch nach Jahrzehnten noch immer gefangen hält...

Die Fülle an den eingangs erwähnten Themen fügt sich in "Sagredo" zu einem anschaulichen Gesamtbild zusammen. Die wohl für die jüngere spanische Geschichte prägendste Epoche, die Ära Franco, wird in Form von alten Tagebucheinträgen dargestellt, und so auch Lesern näher gebracht, die damit noch nicht oder nur wenig in Berührung gekommen sind. Eindrucksvoll und sehr nachvollziehbar beschreibt der Autor die Lebensumstände der Menschen in einem Ort, den die Wirtschaftskrise fest im Griff hat. Frustration und Aggression sind allgegenwärtig in einer immer noch patriarchalischen Gesellschaft von abgeschieden lebenden Landmenschen. Die Charaktere sind trotz einiger Klischees glaubwürdig und realistisch, die teilweise ein wenig derbe Sprache unterstreicht sowohl das Aufbegehren der einen, als auch das Schlechte der anderen Personen, passt also durchaus zu diesem Buch.
War man jemals selbst in einem kleinen Bergdorf auf der iberischen Halbinsel, fühlt man sich sofort dorthin versetzt und man erlebt richtiggehend selbst, wie die schöne Fassade langsam zu bröckeln beginnt.

Die Geschichte von Ilja und dem kleinen Dorf Sagredo, der erste Roman des Autors, ist spannend, interessant und fesselnd. Geschmackssache ist allerdings die Auflösung der Handlung durch übernatürliche Ereignisse. Doch auch wenn man keine Sympathien gegenüber Ausflügen ins Phantastische hat, sollte man dem Buch trotzdem eine Chance geben. Denn es vermag trotzdem zu überzeugen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    06/2013
  • Umfang:
    408 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ASIN:
    3943795535
  • ISBN 13:
    9783943795530
  • Preis (D):
    14,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:

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