Mustererkennung

von William Gibson
Rezension von Stefan Cernohuby | 21. Februar 2011

Mustererkennung

Begeisterung kann man für die unterschiedlichsten Medien aufbringen. Für darstellende Kunst, klassische Musik oder auch obskure Independent-Filmproduktionen. Um gewisse Themen bildet sich oft eine stark ausgeprägte Subkultur mit zahlreichen Anhängern aus allen Gesellschaftsschichten. Um einige dieser Themen dreht sich der Roman Mustererkennung" von Science-Fiction-Altmeister William Gibson.

Zu behaupten, dass Cayce Pollard eine Nase für Trends hätte, wäre stark untertrieben. Tatsächlich ist sie nahezu unfehlbar, wenn es darum geht, die Masseneignung eines Produktes zu bewerten. Aktuell hat sie einen Auftrag vom Unternehmen "Blue Ant", bei dem sie das neue Logo eines großen Schuhherstellers bewerten soll. Doch alles kommt anders, will der geheimnisvolle Chef von Blue Ant, Hubertus Bigend, doch für eine weitaus komplexere Aufgabe anheuern. Konkret geht es um hochqualitative Schwarz-Weiß-Videoclips, die seit geraumer Zeit im Internet auftauchen und eine beträchtliche Anhängerschaft gefunden haben. Sie selbst ist davon schon seit Jahren begeistert, weil sich die Clips in keinerlei Zeitperiode einordnen lassen - als gleichzeitige Markenkennerin und -hasserin ist das doppelt faszinierend für sie. Nun bietet ihr Bigend die Möglichkeit, mit nahezu unbegrenztem Budget und verschiedenen Connections die Person hinter den Videos aufzuspüren. Eine Verlockung, der sie nicht widerstehen kann. Trotz kleinerer Probleme mit langen Reisen begibt sie sich von einem Ende der Welt zum anderen. Doch bei ihrer Suche stößt sie auf zahlreiche Probleme, darunter beispielsweise auch der Tatsache, dass jemand ihre zahlreichen Neurosen gegen sie selbst zu wenden versucht. Doch auch verschiedene Spione und andere Interessengruppen versuchen sie von ihrem Ziel abzuhalten...

Was ist besser als Science-Fiction? Science-Fiction, die bereits Realität ist. Fiktion, die parallel zur Wirklichkeit abläuft. Hat William Gibson in der Vergangenheit Romane geschrieben, die ein alternatives Zukunftsszenario gezeigt haben, wendet er sich nun mehr der Gegenwart zu. In "Mustererkennung" greift er zahlreiche Themen auf, die bereits existieren, aber von Otto Normalverbraucher überhaupt nicht wahrgenommen werden. Wer beschäftigt sich privat mit viralem Marketing, digitaler Bildverarbeitung auf Pixelebene und unsichtbaren digitalen Wasserzeichen, in denen eine Botschaft versteckt wurde? So nimmt der Autor den Leser mit auf eine Expedition in die unbekannte Welt der Gegenwart. Eine Reise, die trotz einiger etwas zu ausführlich geratenen Stellen des Buchs, mehr als empfehlenswert ist. Das Werk ist gleichermaßen für Techniker als auch Nicht-Techniker interessant, für beide gibt es viel Neues zu entdecken. Einzig und allein der Schreibstil des Autors könnte zum Entscheidungskriterium werden, ob der Roman gefällt. Denn die Darstellung der Materie in der ersten Person, gepaart mit längeren thematischen Ausschweifungen, könnte manchem Leser möglicherweise missfallen.

Mit "Mustererkennung" hat sich der hauptsächlich für seine "Neuromancer"-Trilogie bekannte Autor William Gibson tief in die Gegenwart begeben. Und diese weist sowohl technologisch als auch gesellschaftlich viele Gebiete auf, die Normalsterblichen fremd sind. Aus diesem Pool bedient sich der Autor und präsentiert dem Leser interessante Möglichkeiten. Das Ergebnis ist sehr empfehlenswert und wird nur Leser enttäuschen, die den Schreibstil William Gibsons nicht mögen. Denn abgesehen von einer gewissen Langatmigkeit weiß das Werk in nahezu jeglicher Hinsicht zu überzeugen. Denn auch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    11/2010
  • Umfang:
    464 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ASIN:
    3453522044
  • ISBN 13:
    9783453522046
  • Preis (D):
    9,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:

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