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Unerwartet kommen solche Momente. Augenblicke, Situationen, die uns den Atem anhalten und innehalten lassen. Mit einer klaren Gewissheit weiß man dann vielleicht, dass es dieser Moment ist, diese Begegnung oder diese Entscheidung, die die Macht haben, alles zu verändern. Doch für eine lebensverändernde Entscheidung braucht es Mut - den Mut, um Ängste und Zweifel beiseite zu schieben und in eine ungewisse Zukunft zu gehen. In “Eine unwahrscheinliche Begegnung” begegnet uns genau das und lässt uns hinterfragen, wie wir entscheiden würden?

Sie begegnen sich in einem Zug, der durch die französische Landschaft fährt.
Sie ist in sich gesunken und denkt nach. Er setzt sich in die erste Klasse, obwohl er kein Ticket hat, eine Aufenthaltsgenehmigung sowieso nicht. Als er die Frau erblickt, ist es um ihn geschehen. Er ist vollkommen fasziniert von ihr,  ihren Bewegungen und verspürt sofort eine tiefe Sehnsucht nach ihr. Doch er hat Angst, denn er ist unerlaubt in diesem Land und auch in diesem Zug. Am Ende der Strecke wartet vermutlich die Polizei auf ihn, um ihn festzunehmen. Es gibt keine Zukunft für die beiden. Eigentlich.
Die junge Frau bemerkt die Blicke dieses attraktiven Mannes und sieht ihm in die Augen. Womöglich ist dies ein schicksalhafter Moment, der die beiden Menschen für immer miteinander verbindet. Die Frau ist sich der Aufmerksamkeit dieses Unbekannten bewusst und weiß nicht recht, wie sie darauf reagieren soll. Immerhin wartet ihr Freund Zuhause auf sie. Aber so richtig glücklich ist sie mit diesem nicht, muss sie sich eingestehen. Das ist nicht die Liebe, wie sie es sich erhofft hatte. Es ist eher ein nebeneinander leben als ein miteinander. Doch mit diesem unbekannten Mann spürt sie etwas. Die beiden kommen ins Gespräch und erfahren ein bisschen aus dem Leben des anderen. Ihre Begegnungen und Gespräche sind zaghaft und vorsichtig.
Der Mann ist ein Gentlemen und hilft ihr am Bahnhof mit dem schweren Koffer. Die Frau trifft kurzerhand die Entscheidung, dass auch sie ihm helfen möchte. Es ist ein Moment, der alles verändert. Doch welche Zukunft könnte auf diese beiden Menschen warten?

Éliette Abécassis hat es mit ihrem kurzen Roman geschafft, eine ganze Bandbreite an Gefühlen einzufangen. Wir begegnen in diesem Werk zwei Menschen, die aus komplett unterschiedlichen Welten kommen. In beiden brodeln so viele Gefühle. Die junge Frau ist voller Erwartung, ihren Freund wiederzusehen und gleichzeitig auch unzufrieden und unglücklich. Denn ihre Liebe läuft nicht so, wie sie es erwartet hatte. Der Mann ist ein Flüchtling und das schon eine sehr lange Zeit. Er hat harte Zeiten hinter sich, dennoch - oder gerade deshalb - ist es ihm nicht egal, wie andere ihn sehen. Er achtet stets auf sein Äußeres und beeindruckt Frauen mit seinem Charme und seinen bedachten, ruhigen Bewegungen. Der Mann lässt es sich nicht ansehen, doch es ist so viel Angst in seinem Herzen.
Dieses Buch zu lesen ist eine wahnsinnig spannende Angelegenheit. Mit den stets wechselnden Perspektiven - manchmal nach jedem Absatz - bekommen der Leser und die Leserin einen sehr guten Einblick in die Gefühlslage und das Denken der beiden Protagonisten. Auch die Tatsache, dass die Namen der beiden nie erwähnt werden, macht dieses Buch außergewöhnlich. Sie sind immer nur “der Mann”, “die Frau”, “er” und “sie”. Es scheint, als ob durch den Verzicht von Namen man tiefer in die Persönlichkeiten vordringen kann. Man gelangt sofort in die tiefere Schicht der Charaktere, in ihre Herzen und Seelen. Das mag aber auch an dem mitreißenden Schreibstil der Autorin liegen. Man kann hier beim Lesen gar nicht abschätzen, wie es weitergehen wird. Da ist diese Anziehungskraft, diese Faszination und man weiß genau, dies könnte Liebe auf den ersten Blick sein. Können der Mann und die Frau aus ihrem normalen Leben ausbrechen und den Mut aufbringen, alles zu verändern? Eine Liebe zwischen diesen beiden Menschen würde so viel tiefer gehen als normale Beziehungen, scheint es. Doch es bleiben ihnen nur ein paar Stunden Zeit, um das herauszufinden.

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