Captain America bekommt eine neue "Nummer 1" verpaßt. Solche Ausgaben freuen Sammler und ermuntern vielleicht den einen oder anderen tapferen Neueinsteiger, der sich dadurch vor Jahrzehnten an Marvel-Story-Ballast nicht fürchte muss, und endlich zu einer Serie zu greifen kann, um auf den Pfaden des wahren Comic-Geektums zu wandeln. Wir werfen mal einen Blick darauf - sowie auf die explosive Action in die unser schildtragender Lieblingspatriot verwickelt wird.
Wie für den Großteil der Fans gewohnt, ist Steve Rogers wieder Captain America, nachdem er seinen alten Sidekick Bucky Barnes in dieser Rolle abgelöst hat. Dieser Neuanfang und Rückkehr zum originalen Cap rechtfertigt natürlich auch einen Neustart mit einer neuen Nummer Eins. Diese übernimmt das Duo Brubaker/McNiven. Ed Brubaker hat dank seines Runs für Batman einen sehr guten Ruf in der Community und Steve McNiven kann man meiner Ansicht nach zur Créme de la Créme unter den Zeichnern zählen. Großartige Voraussetzungen für die neu aufgelegte Serie also.
Der erste Handlungsbogen der uns komplett in Form des Panini-Sammelbands vorliegt, nennt sich" Amerikanische Träumer" ("American Dreamers") und führt uns zunächst in Steve Rogers Vergangenheit. Beim Begräbnis einer alten Freundin in Frankreich wird auf Steve und seine ebenfalls prominenten Freunde ein Anschlag verübt - und zwar von einem alten Kampfgefährten aus dem Zweiten Weltkrieg. Während die Gruppe beginnt die Hintergründe zu ermitteln wird dem Leser der Grund nach und nach mit Rückblenden aus der Kriegszeit aufgedeckt. Die Erzählweise ist sofort packend und sorgt zu Beginn für Hochspannung. Durch die plötzliche Einführung altbekannter Cap-Gegenspieler, die offensichtlich auch ihre Finger im Spiel haben, wird die saubere Erzählung aber etwas ausgehebelt. Das stört den eingefleischten Cap-Fan jedoch gar nicht, schließlich wird hier nur Kontinuität gewahrt, aber jemand der zum ersten Mal zum Heft gegriffen hat, wird erstmal kurz grübeln müssen. Brubaker versteht es jedoch durch elegante Dialoge auch dieses Schiff relativ sicher in den Hafen zu bringen, die Geschichte bleibt für jeden lesbar.
Großartig sind McNivens dynamische Bilder, die perfekt Steve Rogers überlegene Bewegungsabläufe einfangen. Manche werden sie möglicherweise für etwas langweilig-glatt halten, aber sie sind technisch auf einem perfekten Level und fangen viel ein, ohne jemals nur ein Mittel für die Verbreitung von Textblasen zu sein. Die zu Beginn noch etwas gewagte Experimentierfreudigkeit in punkto Panels verschwindet (leider) jedoch bald wieder und weicht einem recht konservativem Aufbau. Das ist zwar schade, macht das Comic aber nicht schlechter.
Was etwas auffällt ist, daß Steve Rogers "Power Level" - vielleicht als Zugeständnis an "Ultimates" und die Marvel-Filme - deutlich erhöht worden zu sein scheint. So landet Cap lässig-abfedernd auf einem Auto und demoliert es dabei, wie wenn er in der Iron Man-Rüstung stecken würde, oder er drückt bei einem starken Schwung um eine Straßenlaterne dieser seine Fingerabdrücke ein. Auch seine Haken scheinen mehr ausrenken zu können als nur menschliche Kiefer...
Die Story entwickelt sich bald in eine etwas esoterische Ecke, was sicherlich einige Leser bemängeln werden - schließlich sind wir hier bei Cap und nicht bei Doktor Strange, aber die Ereignisse bleiben im Rahmen der Handlung schlüssig und einige offene Fragen beschäftigen uns auch noch zum Schluss. Gute Gründe also auf Ausgabe 2 des neuen Captain zu warten.
Neueinsteiger, die sich aufgrund der kürzlich erschienen Marvel-Verfilmungen einen etwas bombastischeren Captain America erwarten, sollten hier nicht zu enttäuscht sein. Für bombastische Auftritte hat Cap schließlich seine Mitgliedschaft bei den Avengers. In seiner eigenen Serie werden stattdessen persönliche Geschichten erzählt und das ist in meinen Augen ein großer Pluspunkt. Schließlich werden dazwischen auch genug Hiebe mit dem Schild ausgeteilt.
Details
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Band:1
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:05/2012
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Umfang:116 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ASIN:B007Q1LASC
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Preis (D):12,95 €