Miracleman

Der Traum vom Fliegen

von Alan Moore, Mick Anglo
Rezension von Stefan Cernohuby | 20. November 2014

Der Traum vom Fliegen

In gewissen Genres ist die Dominanz einiger Verlage und sogar bestimmter Länder augenscheinlich und nachvollziehbar. Gefallen muss das trotzdem nicht jedem. Besonders aus dem Bereich Comics waren in der Vergangenheit hauptsächlich die USA und Frankreich die Hauptlieferanten, später kamen dann noch japanische Comics hinzu. Doch in Großbritannien gab es bereits in den 1950er Jahren eine Gegenbewegung mit dem Helden Marvelman, die allerdings Mitte der 1960er zu Ende ging. Erst 1982 wurde die Reihe Semi-professionell neu aufgelegt und wurde unter dem neuen Namen "Miracleman" ein großer Erfolg. Von dieser Reihe liegt uns nun der erste Band vor.

Der vorliegende erste Sammelband beginnt mit einer Geschichte von Marvelman-Erfinder Mick Anglo. Heute weitgehend amüsant zu betrachten, geht es um eine Bedrohung durch eine sogenannte Zeitreise-Gestapo aus der Zukunft, die sich anschickt die Gegenwart zu erobern. Zum Glück kann die Miracleman-Familie diese Gangster aufhalten.
Dann beginnt die eigentliche Geschichte. Ein Mann namens Michael Moran, 42 Jahre alt, hat einen immer wiederkehrenden Traum. In diesem fliegt er in seltsamer Gestalt durch das Weltall und verbrennt dann in einem gleißenden Feuer. Irgendetwas an seiner Vergangenheit ist immer seltsam gewesen. Das weiß auch seine Frau, mit der er mittlerweile 16 Jahre verheiratet ist. Als er in einen Bankraub gerät, fällt ihm urplötzlich ein Wort aus seiner Vergangenheit ein. Er spricht es aus und wird zu Miracleman. Einem nahezu unverwundbaren und übermenschlich starken Wesen - so überwältigt er die Räuber und kehrt zu seiner Frau zurück. Diese muss sich erst von ihm überzeugen lassen, glaubt dann aber seine Geschichte. Doch zu seinem Unglück war er nicht der einzige, der einst das gleißende Feuer - eine Atombombe - überstanden hatte. Auch sein einstiger Freund Johnny hat die Katastrophe überlebt und damals Beschlossen, ein Übermensch zu bleiben, ohne sich wieder zurück zu verwandeln. Eine Entscheidung, die seinem Charakter nicht zuträglich war...
Ein Geheimnis ist, wie es zur Entstehung von Miracleman eigentlich gekommen ist. Doch ein verräterischer Agent eines Geheimdienstes beschließt, gemeinsam mit Moran hinter das Geheimnis zu kommen, wenn nötig auch gegen dessen Willen. Dabei stößt Miracleman nicht nur auf den Schlüssel zu seiner Herkunft, sondern auch auf einen Gegner namens Big Ben.
Einem Ausflug in die seltsame Welt der Warpsmiths - Wesen, für die Zeit ein abstraktes Konzept ist - folgt das letzte Miracleman-Abenteuer in diesem Band. Um einen übermächtigen Feind abzuwehren, reist der Held gemeinsam mit einem Warpsmith durch die Zeit, um Energie zu sammeln - nicht wissend, dass er bei der Rückkehr in eine Falle tappt.

Wer sich "Miracleman" ohne Vorwissen widmet, der kauft gewissermaßen die Katze im Sack. Denn man weiß im Vorfeld nicht viel mehr, außer dass es sich um die Neuauflage einer britischen Comicreihe aus den 1980ern handelt, die ursprünglich in den 1950er und 1960er Jahren entstanden war. Auch der Hinweis, dass einer der beiden Autoren im Buch "Der Originalautor" ist, hilft ohne Recherche nicht viel weiter. Liest man jedoch den Band, der ursprünglich in einem semi-professionellen Comiclabel erschienen ist, stößt man auf eine innovative Geschichte, gepaart mit Illustrationen, die ihrer Zeit weit voraus sind. Sowohl was Detailtiefe als auch Kolorierung angeht, sind gleichwertige Comics in den USA erst frühestens Mitte der 1990er Jahre aufgetaucht. Ein Blick auf die Zeichner stellt klar, warum. Es handelt sich um Zeichnungen von Garry Leach und Alan Davies, zwei der bedeutendsten Comic-Illustratoren späterer Jahre. Doch auch der "Originalautor" stellt sich nach einiger Recherche als niemand geringerer als Alan Moore heraus, bekannt für "V wie Vendetta", "Watchmen" und vieles mehr. Man hält also, ohne damit zu rechnen, einen Meilenstein der Comicgeschichte in Händen. Und so liest sich das Buch auch. Abgesehen von der etwas verwirrenden und konfus scheinenden "Warpsmith"-Geschichte, die aber relativ willkürlich eingesetzt wurde, sind die Geschichten hervorragend, die Charaktere toll entwickelt und die Illustrationen wegweisend. Alles in allem handelt es sich um einen Comicband, den Kenner unbedingt ihr Eigen nennen sollten.

Wer noch nie etwas von "Miracleman" gehört hat, könnte an diesem - offenkundig aus Großbritannien stammenden - Comic einfach vorübergehen, wirkt es doch von außen wie eine seltsame Kopie bekannter Marvel- und DC-Comics. Doch tatsächlich ist das Werk ein Meilenstein in der Comicgeschichte, der vieles verändert hat. Sowohl stilistisch als auch vom zeichnerischen Standpunkt war der Comic seiner Zeit weit voraus und bietet neben zwei der bedeutendsten Illustratoren der letzten 20 Jahre auch noch einen der berühmtesten Comicautoren aller Zeiten. Denn auch wenn der Autor als "Der Originalautor" angeführt ist, handelt es sich bei ihm um Alan Moore. Und über diesen muss man kein Wort mehr verlieren.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
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  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
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  • Erotik:
  • Illustration:

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