Miracleman

Das Goldene Zeitalter

von Neil Gaiman, Mark Buckingham (Illustrator*in)
Rezension von Stefan Cernohuby | 27. Mai 2016

Das Goldene Zeitalter

Wenn in besonders geschichtsträchtigen Serien ein neuer Autor übernehmen soll, führt dies immer zu einer gewissen Unsicherheit. Kann „der Neue“ die Vision des Originalautors weitertragen und genauso transportieren? Im Fall der Reihe „Miracleman“ trat ein junger Autor in die großen Fußstapfen von Alan Moore. Dass es sich dabei um Neil Gaiman mit seinem ersten großen Comic gehandelt hat, kann man in Nachhinein sicher als Glücksgriff betrachten.

Nachdem die letzte Schlacht zwischen Miracleman und Kid Miracleman geschlagen war, hatte Miracleman ein Utopia geschaffen und für sich den Olymp – auf dem er immer noch thront. Die Welt scheint ein besserer Platz zu sein. Es gibt keine Kriege mehr, aber das Angesicht der Welt hat sich nicht völlig gewandelt. Diejenigen, die ihren Gott aufsuchen wollen, müssen bis zu ihm klettern. Manche packt der Wahnsinn, andere die Wut – und Gefühle sind immer noch dieselben. Es gibt Geschöpfe, die immer wiederkehren. So auch Dr. Emil Garzunza, Schöpfer von Miracleman. Geklont, genauso wie Salvador Dali und Andy Warhol, den es insgesamt 18 Mal gibt. Winter, Tochter von Miracleman, hat dazu geführt, dass viele andere Frauen Leihmütter für Miraclemans Kinder wurden – nicht alternde Kleinkinder, die über Superkräfte verfügen. Es gibt Geschichten über die Vergangenheit und einen wachsenden Kult rund um Johnny Bates. Und unter anderem ein weiblicher Spaceman macht klar, dass unter der goldenen Oberfläche keineswegs das Paradies liegt – allem Schwerkraft- und Feuerzauber zum Trotz.

Für einen jungen Neil Gaiman und einen noch völlig unbekannten Mark Buckingham war es nicht einfach, das Werk von Alan Moore fortzusetzen. Sie entschieden sich für einen Weg, der nicht dem Protagonisten folgt, sondern sein Werk in den Mittelpunt stellt. Dementsprechend werden sowohl die Welt, als auch seine Schöpfungen und die normalen Bewohner des Utopia aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Das ist zwar einerseits faszinierend – wenn man die verklärten Legenden einfacher Leute kennenlernt – andererseits hat man aber keinen roten Faden, an dem man sich orientieren kann. Für alle, welche die Vorgängerbände kennen, ist das Werk sicherlich trotzdem reizvoll, vor allem, weil auch klar wird, dass die Welt wie jedes Utopia letztendlich auf den Abgrund zusteuert. Auch die Kooperation der beiden ist, für die Zeit in der die Graphic Novel entstanden ist, wegweisend. Vor allem stilistisch lassen sich auch schon erste Zeichen für die großen Zyklen der beiden ableiten. „Sandman“ von Neil Gaiman profitiert von einem ähnlich dezentralen Erzählstil, während Mark Buckingham durch „Fables“ endgültig zu einem der Stars unter den Illustratoren aufgestiegen ist. Auch wenn der Band nicht völlig überzeugen kann, muss man ihn doch zu den Meilensteinen der Comichistorie zählen – und für Fans ist er ein Muss.

„Das goldene Zeitalter“ ist der vierte Band der Reihe „Miracleman“, in dem Neil Gaiman und Mark Buckingham das Ruder übernommen haben. In einer aus verschiedenen Perspektiven betrachteten Welt geht ein wenig der Erzählstrang verloren. Deshalb kann das Werk nicht vollends überzeugen, was durch Stimmung und Zeichenstil aber wieder zu einem Gutteil kompensiert wird. Für Quereinsteiger ist das Werk keineswegs zu empfehlen, für Kenner allerdings ein Pflichtkauf.

Details

Bewertung

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