Sternwanderer
von Neil Gaiman
Rezension von Stefan Cernohuby
| 25. Januar 2018
Es gibt Romane, die als Einzelband konzipiert sind und dann dennoch eine erhebliche Anzahl an Folgebänden nach sich ziehen. Andere literarische Werke erblicken ihr Werk als Erstlingsband einer Serie, die dann niemals fortgesetzt wird. Doch einzigartig unter den Romanciers ist sicherlich Neil Gaiman. Vermutlich als einziger Autor verfasst er Fortsetzungen zu Romanen, die er noch gar nicht geschrieben hat. Ein Beispiel dafür ist der Roman „Sternwanderer“, welcher 2007 auch die Kinoleinwände eroberte.
Tristan Thorn ist das Produkt einer Affäre zwischen dem sterblichen Dunstan und einer Feenfrau, die er am Jahrmarkt, der nur alle neun Jahre stattfindet, kennen gelernt hat. Er selbst weiß allerdings nichts von dieser Tatsache, ihm ist nur immer wieder bewusst, dass er etwas anders als die anderen Jugendliche in seinem Alter. Als er gerade am Erwachsenwerden ist wird, verliebt er sich unsterblich in Viktoria Forrester, das schönste Mädchen des kleinen englischen Dorfes Wall. Er will alles tun, um sie dazu zu bringen, ihn zu heiraten. Und so verspricht sie ihm nach langem Drängen seinerseits ihn zu heiraten, wenn er ihr den Stern bringen würde, der während ihres Gesprächs vom Nachthimmel gefallen ist. Unerschrocken und ungerührt von der scheinbaren Unmöglichkeit des Unterfangens macht sich Tristan in das Feenreich auf, das gleich neben seinem Heimatdorf beginnt. Er begegnet seltsamen Wesen, gefährlichen Bäumen und tödlichen Menschen. Aber davon lässt sich Tristan nicht abbringen. Er geht seinen Weg, bis er den Stern findet. Selbst die Tatsache, dass dieser anders beschaffen ist als er ursprünglich angenommen hat, hält ihn nicht auf. Er will nur noch eines: Den Stern zu seiner geliebten Viktoria bringen. Doch das ist gar nicht so einfach...
Neil Gaiman gilt zu Recht als einer der besten, wenn auch thematisch exzentrischsten Autoren der Gegenwart. Wie kein anderer gelingt es ihm Realität, Phantastik und skurrile Einfälle miteinander zu verweben. Dies ist ihm auch im bereits 1999 erstmals auf Deutsch erschienenen Roman „Sternwanderer“ gelungen. Einmal mehr widmet er sich auch dem Thema, wie nah Traum und Realität doch nebeneinander liegen. Auch das Vermengen von Jugendromanelementen mit nicht mehr ganz so niedlichen Situationen ist für seinen Schreibstil typisch. Selbst wenn die Charaktere in diesem speziellen Beispiel keine extreme Tiefe erreichen, kann man sich trotzdem mit ihnen identifizieren. Außerdem hat das lesen von Neil Gaimans Werken einen potentiell nicht unerheblichen Überraschungsfaktor. Man kann sich einfach nie sicher sein, in welche Richtung der Roman als nächstes abdriftet oder mit welchen klassischen Klischees der Autor als nächstes spielt. Dies macht auch „Sternwanderer“ zu einem einzigartigen Leseerlebnis. Auch wenn das Buch noch nicht denselben Entwicklungsgrad wie später „American Gods“ aufweist, ist es doch sehr empfehlenswert. Liebhaber von etwas anderen Fantasyromanen sowie gewohnheitsmäßige Neil Gaiman - Abonnenten werden mit diesem Buch viel Freude haben, auch wenn der 2007 erschienene Film - der vielleicht von einigen potentiellen Lesern zuvor gesehen wurde - doch in einigen Punkten von der Handlung abweicht.
Wie in den meisten Büchern von Neil Gaiman findet sich auch in „Sternwanderer“ eine ausgiebige Vermengung von Realität und Phantasie. Wer solchen Mischungen nicht abgeneigt ist und sich dabei auch von flotten Stilwechseln nicht aus der Ruhe bringen lässt, dem wird „Sternwanderer“ einige schöne Lesestunden bescheren.
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