Warhammer 40.000

Freihändler

von Michael Hurley
Rezension von Stefan Cernohuby | 27. Oktober 2010

Freihändler

Jede Gefahr, so groß sie auch ist, birgt immer die Möglichkeit, Profit zu erwirtschaften. Wenn nun Gefahren potenziell unbekannt und unermesslich groß sind, sieht es genauso mit dem Gewinn aus, den man aus ihnen ziehen kann. In einer fernen Zukunft, in der die Menschheit inmitten eines gnadenlosen Universums in einem Imperium lebt, das von unzähligen Bedrohungen umzingelt ist, benötigt es für derartige Abenteuer allerdings besondere Leute. Von diesen handelt das neue Rollenspiel "Freihändler", das im "Warhammer 40.000"-Universum angesiedelt ist.

Das Wort "Freihändler" ist ein wenig irreführend. Denn das, was Händler normalerweise tun, ist nur ein winziger Teilaspekt des großen ganzen, das einen "Rouge Trader" - was der englische Originalbegriff ist - ausmacht. Denn jene Abenteurer, die in die Tiefe des Alls vordringen, um dort ihr Glück zu versuchen, sind nicht nur aus einem besonderen Holz geschnitzt. Sie besitzen meist einen uralten Kaperbrief für ihre Familie und haben im Namen des Imperators Rechte, von denen andere nur träumen...
Einer kurzen Einleitung über die Geschichte von Warhammer folgt die Charaktererschaffung, die ziemlich genauso wie im bereits bekannten Rollenspiel "Schattenjäger" abläuft, das ja ebenfalls in diesem Universum angesiedelt ist. Interessant ist an dieser Stelle, dass man eine andere Herkunft wählen kann, zum Beispiel eine "Todeswelt". Auch adelige Herkunft ist etwas, was in dieser Form bisher noch nicht möglich war. Neben den unterschiedlichen Möglichkeiten, die einem der gesellschaftliche Rang bietet, ist auch die Motivation für einen Freihändler sehr wichtig. Wonach strebt er eigentlich? Ein deutlicher Unterschied zu "Schattenjäger", wo letztlich nur die Wünsche des Inquisitors und des Imperators zählen.
Auch bei den Karrierepfaden gibt es viel Neues. Neben dem Freihändler selbst gibt es den "Erleuchteten Astropath" (einen Astro-Psioniker), einen Explorator (eine andere Form von Techpriester), "Magister Militaris" (Waffen- und Kampfexperten), "Meister der Leere" (Experte für Schiffssysteme), Missionare, Naviagatoren und Seneschale (Experten für alles). Diese unterschiedlichen Rollen schlagen sich auch auf die damit verbundenen Talente und Fertigkeiten nieder, zudem sind Freihändler meist besser ausgerüstet und bewaffnet als einfache Soldaten des Imperiums.
Zum ersten Mal spielen auch Raumschiffe eine andere Rolle als nur zum Transport, denn hier sind sie Besitz, Heimat und natürlich fliegende Kathedralen - schließlich sind wir im "Warhammer 40.000"-Universum. So werden nicht nur technische Details offenbart, sondern auch Raumschlachten möglich.
Während Spiel und Kampf weitgehend gleich funktionieren, soll hier an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen werden. Interessant ist allerdings, dass durch die anders gelagerten Spielschwerpunkte weniger auf Missionsebene geschieht, sondern mehr in langfristigen Dimensionen gedacht werden muss. So ist die Ausbeutung einer ganzen Welt ebenso denkbar, wie die Besiedelung eines komplett neuen Planeten.
Wichtig ist in diesem Fall vor allem die Leistung des Spielleiters, deshalb widmet sich diesem Thema ein ganzes Kapitel. Danach folgt das Leben im imperialen Raum, Informationen über Freihändler und die Beschreibung spezieller Regionen, Aliens und Antagonisten.
Ein Abenteuer mit dem Titel "In den Schlund" macht den Abschluss - obwohl natürlich auch Vorlagen für Charakterblätter nicht fehlen dürfen.

Nun stellt sich die Frage für jeden, der das 460 Seiten starke Regelwerk einmal durchblättert: Lohnt es sich, knapp 50 Euro auszugeben, um ein Rollenspiel zu erwerben, das (bis auf einige Ausnahmen) die gleichen Regeln besitzt wie ein bereits vorhandenes? Wiegen das etwas abgeänderte Umgebungsszenario und die andere Ausrichtung des Spiels den Preis auf? Qualitativ und Inhaltlich definitiv ja. "Freihändler" ist auf jeden Fall ein Rollenspiel mit eigener Existenzberechtigung. Es bietet auch für "rollenspielorientiertere" Spieler mehr Potential als "Schattenjäger", bei dem man eher von einer Mission zur nächsten denkt. In "Freihändler" ist auch die Langzeitmotivation greifbarer. Wer als eigener Kapitän auf einer Fahrt durchs Ungewisse selbst entscheiden kann, ob er den nächsten Pulsar ansteuert oder doch lieber einen Space Hulk plündert, hat mehr vom Spiel. Auch Raumschlachten sind Teil der Möglichkeiten. Ansonsten kann man weder an den zahlreichen Zusatzinformationen noch an den hervorragend ausgearbeiteten und übersetzten Texten viel aussetzen. Jeder, der "Warhammer 40.000" als Welt liebt und ein begeisterter Rollenspieler ist, wird mit diesem Ableger vermutlich auf längere Sicht gesehen mehr Freude haben als mit "Schattenjäger". Der einzige Wermutstropfen ist der wirklich exorbitante Preis der deutschsprachigen Ausgabe, im Vergleich zum englischen Original. Dieses ist je nach Angebot um bis zu 20 Euro weniger erhältlich. Abgesehen davon kann man jedem Spielleiter dieses Grundregelwerk nur ans Herz legen.

"Freihändler", das Grundregelwerk für das gleichnamige Rollenspiel in der Welt von "Warhammer 40.000", ist sehr gut gelungen. Stimmungsvoll, gut ausgearbeitet und mit einer anderen Ausrichtung als das im gleichen Universum angesiedelte "Schattenjäger", kann das Buch in beinahe allen Belangen überzeugen. Einzig und allein der Preis von fast 50 Euro wird bei einigen potenziellen Käufern Zweifel aufkommen lassen. Diese sollten sich allerdings schon beim Durchblättern zerstreuen lassen, denn "Freihändler" ist für jeden Spielleiter, der die grimme Zukunft lieb gewonnen hat, ein Pflichtkauf.

Details

Bewertung

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