Amokspiel

von Sebastian Fitzek
Rezension von Stefan Cernohuby | 12. Mai 2007

Amokspiel

Amokspiel ist ein seltsames Wort. Wenn jemand Amok läuft, verschwendet er eigentlich keinen Gedanken daran, welchen spielerischen Aspekt sein Wüten hat. Denn ein Spiel ist oft eine spontane Begebenheit, bei der sich Regeln sehr schnell ändern können. Vielleicht heißt Sebastian Fitzeks neuer Roman deshalb „Amokspiel“, denn er handelt von einem Telefonquiz, dessen Regeln von einem Amokläufer unvermittelt geändert werden…

Ira Samin ist physisch und psychisch am Ende. Die Psychologin hat den Selbstmord ihrer Tochter, den sie selbst nicht verhindern konnte, niemals verwunden. Das hat zu schwerem Alkoholismus und nicht minder schlimmen Depressionen geführt. Letztere sind so schlimm geworden, das sie am Tag, an dem der Roman beginnt, eigentlich nur noch einen Wunsch hat: Ihrer traurigen Existenz ein Ende zu bereiten.
Doch wie so oft kommt es anders. Kurz bevor sie zur Tat schreiten kann, wird sie von einem Kollegen aufgehalten, der den Auftrag hat sie zu einem Tatort zu bringen, an dem ihre Fachkompetenz dringend gebraucht wird. Denn ein offensichtlich Wahnsinniger hat das Studio des Berliner Radiosenders 101Punkt5 in seine Gewalt gebracht. Er hat das Spiel „Cash Call“, bei dem normalerweise jeder Anrufer der die richtige Parole nennt, Geld gewinnen kann, zu einem tragischen Spektakel umfunktioniert. Jedes Mal, wenn ein Anrufer nicht den Satz nennt, den er bestimmt hat, wird eine seiner Geiseln erschossen. Die Forderungen, die er den Vermittlern stellt, scheinen absurd. Er will, dass seine Verlobte zu ihm ins Studio gebracht wird. Doch diese ist laut Polizei seit geraumer Zeit tot.
Widerwillig beginnt sich Ira mit dem Fall auseinanderzusetzen. Doch trotz ihres mangelnden Enthusiasmus findet sie schnell einige Ungereimtheiten in der ganzen Affäre. Versucht hier tatsächlich jemand etwas zu vertuschen?

Sebastian Fitzek hat mit seinem Romandebüt "Die Therapie" einen Überraschungserfolg gelandet. Nachdem der erwähnte Thriller sowohl bei Kritikern, als auch bei der Leserschaft überwiegend positiv aufgenommen wurde, setzt der Autor sein Schaffen nun genau im gleichen Genre fort. "Amokspiel" ist ein Thriller, wie er sein soll. Er ist spannend erzählt, vermag den Leser in seinen Bann zu ziehen und ihn vor allem mehrmals gedanklich auf eine völlig falsche Fährte zu locken. Denn, so viel soll verraten werden - alles ist ganz anders, als es scheint. Dies zieht sich vom Beginn der Handlung bis zum Ende des Buches.
Auch wenn Fitzek einen Hang dazu hat, Kapitel so zu beenden, als würden sie den Tod eines Protagonisten beschreiben, was dann im darauf folgenden Kapitel relativiert wird, beweist sein zweiter Roman eine Menge Kreativität. Viele Aktionen der handelnden Personen wirken weit weniger aufgesetzt und gekünstelt, als in so manchem anderen Thriller. So scheint es sich bei den Hauptcharakteren weder um zweidimensionale Abbilder realer Personen, noch - à la Dan Brown - um übermächtige Superhelden zu handeln. Auch kann das Buch mit mehreren überraschenden Wendungen aufwarten. Etwas, das den Neueinsteiger sehr freut.

Somit kann Amokspiel als hervorragender Thriller aus deutschen Landen bezeichnet werden, der weder den Klischees vieler seiner Vorgänger anheimfällt, noch bei der erzählten Geschichte auf eine abgedroschene 08/15 - Handlung setzt. Selbst der Preis liegt mit unter 10 Euro komplett in der Norm.Es gibt tatsächlich keinen Grund, warum Fans des Genres sich diesen Roman nicht kaufen sollten. Sogar für Gelegenheitsleser ist "Amokspiel" zu empfehlen, transportiert das Buch doch gleichermaßen Spannung, wie auch zahlreiche überraschende Wendungen. Eine tolle Sache!

Details

Bewertung

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  • Gewalt:
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