Spiegel-Reihe

Der falsche Spiegel

von Sergej Lukianenko
Rezension von Stefan Cernohuby | 22. April 2012

Der falsche Spiegel

Mancher Autor wird aufgrund eines Romans oder einer Reihe, die er irgendwann einmal geschrieben hat, stets auf dessen Genre festgelegt. Ein typischer Fall ist Sergej Lukianenko, der von vielen Lesern seit "Wächter der Nacht" als reiner Fantasy-Autor gesehen wird. Denn eigentlich ist Lukianenko passionierter Science-Fiction-Autor, was er auch in seinem hierzulande neuesten Werk "Der falsche Spiegel" wieder unter Beweis stellen möchte.

Leonid arbeitet nicht in der realen Welt sondern in der virtuellen. Selbst dort hat er einen Job, der ihn alles andere als fordert. Er arbeitet als "Möbelpacker in der Tiefe", an jenem Ort im Internet, wo durch Posthypnose ein Gefühl von Realität erzeugt wird - und wird immer von einem schlimmen Traum verfolgt. Das hat aber einen einfachen Grund. Denn Leonid ist kein normaler User: Bis vor zwei Jahren war er eine legendäre Gestalt im Cyberspace. Als Diver war er einer von wenigen, die in der Lage waren, die Tiefe lediglich durch Einsatz ihres Willens zu verlassen. Zudem hatte er noch die Fähigkeit, Lücken in Programmen zu erkennen und diese zu nutzen. Doch irgendwann verloren die Diver ihre spezielle Fähigkeiten, abgesehen davon, die Tiefe verlassen zu können. Als jedoch einer seiner ehemaligen Diver-Kollegen und Freunde nach einem Angriff durch eine Waffe in der Tiefe auch im realen Leben stirbt, verlässt er sein freiwillig gewähltes Exil und macht sich auf die Suche nach dem Schuldigen. Er macht dabei die Bekanntschaft eines extrem reichen Russen und seiner Hackerfreunde. Die Spur des Verantwortlichen, eines "Dark Divers", führt unter anderem zu einem legendären Tempel der Diver, der in der Tiefe errichtet wurde und auch zum Schöpfer der Tiefe selbst. Doch der Schlüssel zu allem ist im Endeffekt Leonid, auch wenn er es selbst weder weiß, noch wahrhaben will.

Viele haben im Laufe der Jahre immer wieder gefragt, was aus ehemals gefeierten Subgenres geworden ist. Eines davon ist beispielsweise der Cyberpunk. Diese Frage muss allerdings im Kontext der technologischen Fortschritte seit den 80ern betrachtet werden. Und Sergej Lukianenko gibt mit "Der falsche Spiegel" die Antwort. Die Matrix oder virtuelle Realität, welche Namen man ihr auch immer geben möchte, hat sich mittlerweile weiter entwickelt. Es ist nicht die virtuelle Welt, die nun anders dargestellt wird, es ist die Realität. Denn obwohl Lukianenko noch immer einige Anachronismen einstreut ist man infrastrukturmäßig schon beinahe in der Gegenwart angekommen. Darüber bekommt man eine faszinierende zweite Realität in der Fiktion, eine spannende Handlung und sympathische Charaktere zu sehen. Ebenso gibt es zahlreiche literarische Anspielungen zu sehen und eine Welt, in der bestimmt noch viele Geschichten erzählt werden könnten. Kurz gesagt, "Der falsche Spiegel" ist eine konsequente Weiterentwicklung vieler Cyberpunk-Ideen aus den 80ern und vermutlich einer der besten Science-Fiction-Romane, die in diesem Jahr erschienen sind und noch erscheinen werden. Jeder Fan des Cyberspace, von Lukianenko oder einfach nur guter Science-Fiction sollte hier unbedingt zugreifen. Den ersten Roman der Mini-Reihe "Labyrinth der Spiegel" zu kennen ist zwar von Vorteil, aber nicht unbedingt notwendig.

"Der falsche Spiegel" ist ein Science-Fiction Roman im Cyberspace von Sergej Lukianenko, der nicht nur versucht, großen Vorbildern nachzueifern. Dem Bestsellerautor ist nach "Labyrinth der Spiegel" ein zweites Mal gelungen, woran andere gescheitert sind, nämlich ein glaubwürdiges und zeitgemäßes Cyberspace-Szenario zu entwerfen, das darüber hinaus noch spannend und unterhaltsam ist. Das macht das Werk zu einem Muss für alle, die sich entweder dem Gerne Science-Fiction oder aber dem Sub-Genre Cyberpunk nahe fühlen.

Details

  • Band:
    2
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    11/2011
  • Umfang:
    576 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783453533721
  • Preis (D):
    14,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:
    Keine Bewertung

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