Es gibt auf der Welt viele Arten sich zu irren und zu verirren. Manchmal scheint es auch so, als ließe einem das Schicksal überhaupt keine andere Wahl, als völlig ahnungslos in Gegenden herumzustolpern, die man nie zuvor gesehen hat. Einigen Leuten widerfährt so etwas nicht nur in den Gassen der unmittelbaren Nachbarschaft, sondern in etwas größerem Stil. So auch dem Schreiber Seshmosis in Gerd Scherms Roman "Die Irrfahrer". Worum es aber genau geht, soll in dieser Rezension näher behandelt werden.
Eigentlich ist der unfreiwillige Prophet Seshmosis mit seinen aktuellen Aufgaben mehr als zufrieden. Er sehnt sich zwar insgeheim nach verschiedenen Rachels, hat aber gar keine Lust auf neue Abenteuer. So behagen ihm weder seine Verwicklung in eine Mordserie in Byblos, noch die Pläne seines raffgierigen Landsmanns Raffin zur Gründung einer Anteilsgesellschaft (AG). Doch aus verschiedenen Gründen - besonders nach einem eingehenden Gespräch mit GON, ihrem Gott Ohne Namen, lässt er sich doch davon überzeugen, seine einstigen Reisegefährten auf einer Seereise zu begleiten. Dann geht es nicht nur quer durchs Mittelmeer sondern auch durch verschiedene Legenden. Abgesehen davon, dass ihnen gemeinsam mit dem Bänkelsänger El Vis ein den Morgen besingender Nachwuchssänger mit dem Namen "Cat" begegnet, treffen sie zahlreiche geschichtliche Persönlichkeiten. Da die Reise von einem kleinen, aber mächtigen Gott begleitet wird, gehorcht der Fortschritt derselben weder räumlichen noch zeitlichen Gesetzen. Neben einem Nicht-Minotaurus auf Kreta kommen sie auf einen Kurzbesuch in Troja vorbei, um danach Odysseus bei seinen Irrfahrten zu treffen - das alles in kürzester Zeit. Doch natürlich ist so etwas immer möglich, wenn Götter ihre Hand mit im Spiel haben. Dies und noch weit mehr...
Während sich Gerd Scherm im ersten Band der "Nomadengott"-Reihe hauptsächlich religiösen Überlieferungen und der ägyptischen Mythenwelt widmet, weiter er das Netz seiner Erzählungen aus. Nicht nur, dass er das griechische Pantheon ebenfalls mit einbezieht, schlägt er ganz nebenbei noch witzige Brücken zu geographisch völlig anderen Regionen und unterschiedlichsten Mythen und Sagen. Wem der Runnig Gag mit El Vis im ersten Band nicht zugesagt hat, der kann sich im zweiten Band entweder mit diesem Charakter versöhnen oder aber wegen eines anderen auftretenden Schnulzensängers endgültig das Handtuch werfen. Der Verfasser dieser Rezension hat sich für ersteres entschieden. Besonders ein denkwürdiges Duett weiß zu unterhalten. Zwar mag in "Die Irrfahrer" noch nicht restlos geklärt werden, welche Pläne GON tatsächlich mit seinen Gläubigen hat, aber man merkt, dass er sein Volk in eine ganz bestimmte Richtung lenkt und dabei auch nicht zögert, die Geschichte zu verändern - oder sie so hinzubiegen, wie wir sie heute in Mythen und Sagen lesen können. Zwar bewegt sich der Roman teilweise weit über die Grenze des Surrealen hinaus, dennoch ist das Buch sehr lesenswert. Mit der zweiten Erzählung rund um das Volk des kleinen Gottes GON beweist Gerd Scherm, dass ihm diesbezüglich die Ideen keineswegs ausgegangen sind. Aus diesem Grund gibt es schließlich auch bereits den dritten Band mit dem Titel "Die Weltenbaumler". Selbigem wollen wir uns aber ein anderes Mal widmen.
Der zweite Band der "Nomadengott"-Reihe "Die Irrfahrer" von Gerd Scherm entführt die Leser in eine Welt, in der Götter Realität sind und das Leben irreal und irrsinnig machen - passend zum Titel. Jedem, der Fantasysatiren mag, darf hier beruhigt zugreifen. Denn spannende und vor allem humorvolle Unterhaltung ist garantiert.
Details
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Band:2
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:01/2007
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Umfang:447 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ASIN:3453522109
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ISBN 13:9783453522107
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Preis (D):7,95 €