Affinity Bridge

von George Mann
Rezension von Katarzyna Retzer | 30. Dezember 2011

Affinity Bridge

Viele Leute haben eine gewisse Affinität zu unterschiedlichen Themengebieten. Aktuell entwickelt sich beispielsweise das nicht nur literarische Genre Steampunk äußerst vielversprechend. So ist es geradezu passend, dass George Mann im Fall seines neuen Romans "Affinity Bridge" diese Affinität bereits im Namen trägt. Ob das Buch aber hält was es verspricht, davon muss man sich erst selbst überzeugen.

Im Jahr 1901 ist die Technisierung in London bereits weit fortgeschritten, Pferdekutschen werden langsam durch lärmende Fahrzeuge ersetzt und Luftschiffe legen weite Strecken zurück. Ambitionierte Ingenieure und Ärzte arbeiten an der Perfektionierung des menschlichen Körpers und zuverlässigen Robotern. Künstliche Intelligenz soll das Leben vereinfachen und verbessern. Doch auch wenn Queen Victoria mit Hilfe lebenserhaltender Maschinen noch immer ihr Amt ausüben kann, funktioniert nicht jede moderne Erfindung einwandfrei. Als ein Luftschiff abstürzt und 50 verkohlte Leichen gefunden werden, darunter ein holländischer Verwandter der Königin, wird der Anthropologe und Ermittler Sir Maurice Newbury mit diesem Fall beauftragt. Ihm zur Seite steht seine unerschrockene und abgebrühte Assistentin Miss Veronica Hobbes. Newburn ist seit jeher Freund der Technik und immer sehr an mechanischen Details interessiert, auf die er während der Ermittlungen stößt. Ganz im Gegenteil zu Veronica, sie ist eher verschlossen und pflegt hauptsächlich Kontakt zu ihrer Schwester, die in einem Spital für geistig verwirrte Patienten untergebracht wurde. Offenbar glaubte sie Zukunftsvisionen zu haben, weswegen sie von ihren Eltern weggesperrt wurde.
Die Nachforschungen der beiden Ermittler beginnen in der Luftschiffsfabrik, in der weiter Roboter hergestellt werden, die als selbstständige Piloten oder Butler dienen sollen. Doch auch wenn die Gesellschaft interessiert an technischen Neuerungen ist, sind okkulte Treffen und Geisterbeschwörung ein nahezu ebenbürtiger Zeitvertreib geworden. So ist es nun keine Seltenheit, dass ein blau glänzender Geist eines ermordeten Polizisten selbst mordet. Zudem wird die Stadt zunehmend von Widergängern und Zombies heimgesucht, die sich aufgrund eines aus Indien eingeschleppten Virus in (noch) bösartigere Monster verwandeln. Mystik und Fortschritt prallen aufeinander und die Ermittler müssen herausfinden, ob und wie genau diese Vorkommnisse zusammenhängen. Nach vielen anscheinend nicht zusammenhängenden Morden und einer schnellen Abfolge von gefährlichen Kämpfen, in denen Newbury mehrmals schwer verletzt wird, kann endlich ein Zusammenhang gefunden werden. Doch auch romantische Bande dürfen nicht fehlen. Sie lassen darauf schließen, dass die beiden Ermittler auch zukünftig aufkommende Verbrechen gemeinsam bekämpfen werden.

Auch wenn der Roman sehr wenig Rahmenhandlung besitzt und sich hauptsächlich auf die mannigfaltigen Morde, die von den unterschiedlichsten Kreaturen verübt werden konzentriert, liest er sich sehr flüssig. Kein Wunder, gibt es doch auch viele seltsame Schauplätze. Da sind mordende Zombies, ein rachsüchtiger Geist, viele Menschen sterben durch das Versagen von Robotern und dazwischen erteilt Queen Victoria - mehr Maschine als Mensch - Befehle. Die High Society ist zwischen modernem Spielzeug und Geisterbeschwörung hin und her gerissen. Derweil hetzen die Ermittler von einem Tatort zum nächsten und werden mit immer neuen Errungenschaften der Wissenschaft und Technik konfrontiert. Zusätzlich haben die Hauptfiguren auch mit persönlichen Schicksalen zu kämpfen. Im Verlauf der Geschichte bekommt man einen Einblick in das Leben und den Charakter von Sir Maurice Newbury und Miss Veronica Hobbes. Newbury erscheint zuerst als eine "Sherlock Holmes"-Kopie. Selbstverständlich hat er seiner Haushälterin verboten, sein Arbeitszimmer zu betreten, aus Angst sie könnte sein Laudanum und die okkulten Accessoires finden. Victoria hingegen ist sehr aktiv, jedoch immer in Gedanken bei ihrer kranken Schwester. Trotzdem schreckt sie vor keiner unangenehmen Situation zurück. Der Autor hat mit den zwei Figuren ein sich ergänzendes Duo erschaffen, wie man es bereits von Holmes und Watson kennt, aber mit einer romantischen Komponente, die sich sicherlich noch in den Nachfolgeromanen weiterentwickeln wird. Nach Bedarf werden einige flache Randfiguren hinzugezogen, doch immer scheint die Szenerie unstimmig und inszeniert. Im letzten Drittel des Buches ist die Abfolge an Actionszenen so rasant, dass das Buch mitunter eher einem Drehbuch gleicht, als einem aufbauenden Roman. Am Ende können endlich alle begangenen Morde einem Motiv zugeordnet werden. Zumindest ergeben die vorhergehenden Ereignisse und Andeutungen auf einen Schlag einen Sinn, auch wenn manche Entwicklungen ziemlich aufgesetzt wirken und zu viele Zufälle bei der Auflösung der Rätsel helfen. Das Buch langweilt einen nicht, aber man wünscht sich, dass der Autor zwischen den ganzen Aktionsszenen kurz verweilt hätte und sich mehr auf einzelne Aspekte, die er eingebracht hat, konzentriert hätte, anstatt dauernd das Subgenre zu wechseln.

"Affinity Bridge" von Georg Mann ist im Steampunkgenre angesiedelt, wobei die Steampunkelemnte eher dezent eingebaut wurden. Zusammenfassend ist der Roman eine Aufreihung aller möglichen Klischees des viktorianischen Londons, nur Jack the Ripper fehlt, und man hat den Eindruck, der Autor habe sich sehr von seinen Hörbücheraufträgen inspirieren lassen. Holmes trifft Zombies und Steampunk. Der Roman gleicht in seiner rasanten Abfolge von Actionszenen stellenweise mehr einem Film. Es sind viele Elemente eingebaut, so dass mehrere Subgenres abgedeckt sind, aber keins gänzlich. Das wird einzelne Fans sicherlich unbefriedigt zurücklassen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    09/2011
  • Umfang:
    448 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ASIN:
    3492702384
  • ISBN 13:
    9783492702386
  • Preis (D):
    16,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:
    Keine Bewertung

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