Das Obsidianherz

von Ju Honisch
Rezension von Stefan Cernohuby | 20. Mai 2021

Das Obsidianherz

Historische Romane mit Fantasyanteilen werden eher zwiespältig betrachtet. Zum einen ist die Vermischung historischer Fakten mit phantastischen Inhalten eine Angelegenheit, die nicht oft überzeugend gelingt, zum anderen haben beide Genres fanatische Fans, denen eine Vereinigung selbiger überhaupt nicht zusagt. Nichtsdestotrotz hat die deutsche Autorin Ju Honisch schon vor Jahren ein derartiges Projekt umgesetzt, das den Titel "Das Obsidianherz" trägt und nach Feder & Schwert sowie Droemer Knaur nun schon in seiner dritten Inkarnation bei Edition Weltenschreiber erschienen ist.

Im Jahr 1865 verschwindet ein geheimnisvolles Manuskript in München. Der Agent Delacroix wird von der britischen Krone ausgeschickt, um es wiederzufinden und zurückzubringen. Das bayrische Königshaus, in Person des jungen Ludwig II., unterstützt die Nachforschungen und stellt dem wackeren Recken zwei Offiziere sowie eine "begabte" junge Opernsängerin zur Seite. Diese - reichlich ungewöhnliche - Truppe stößt in einem berühmten Münchner Hotel auf zahlreiche übernatürliche Erscheinungen und Wesenheiten (auch Feyon oder Si genannt). Durch Auseinandersetzungen mit selbigen wird auch die adelige Miss Corrisande Jarrencourt in die Geschehnisse verwickelt, als sie von einer düsteren Bestie angefallen wird. Dadurch wird alles kompliziert. Gesellschaftliche Zwänge erlauben nicht, dass unverheiratete junge Frauen mit Soldaten auf die Jagd nach nichtmenschlichen Kreaturen gehen. Doch weder Miss Jarrencourt, noch ihre Anstandsdame Mrs. Parslow oder das Dienstmädchen Marie-Jeanette sind das, was sie zu sein scheinen. Doch da sind sie in guter Gesellschaft. Delacroix hat eine düstere Vergangenheit. Ein Wesen der Nacht verliebt sich in die Opernsängerin Cérise und dabei sind sie dem Manuskript noch keinen Schritt näher gekommen. Im Hintergrund lauern bereits andere Interessengruppen auf das Finden des Manuskriptes, während sich auch zarte Liebesbande zwischen einigen beteiligten Personen zu knüpfen beginnen...

Was ist "Das Obsidianherz" nun? Ein Liebesroman? Ein Fantasywerk mit geschichtlichen Anleihen? Im Endeffekt ist es wohl ein wenig von allem. Auch wenn man als Leser mitunter ein wenig das Gefühl bekommt, dass sich Charaktere zum Teil selbstständig machen und ihre eigenen Interessen verfolgen, fühlt man sich von der Handlung gefesselt. Selbst wenn die eigentlichen Ziele mancher Hauptpersonen nur darin bestehen einen passenden, gut situierten Mann zu finden und eine Familie zu gründen, kann man dennoch problemlos weiterlesen, weil man schnell ahnt, dass alles anders kommen wird. Intrigen, Verführung, Übernatürliches, bayrische Soldatenehre und christliche Fanatiker - all diese Ingredienzien findet man in Ju Honischs erstem Roman, zu dem später mehre Folgebände erschienen sind.
Zweifellos ist die Handlung, die größtenteils in einem Hotel abläuft, ein wenig langatmig. Doch die geschickte Aufdeckung von Hintergründen, die beinahe jede Person betreffen, werden die mitunter etwas kitschigen Szenen ausgeglichen.
"Das Obsidianherz" weist neben seiner leidlich unterhaltsamen Handlung auch eine nicht unbeträchtliche Länge auf und ein dementdes Gewicht. Doch wie sich herausgestellt hat, ist das einfach Ju Honischs Schreibstil. So ist auch ihr erster Ausflug in historisch-fantastische Gefilde mit romantischen Anteilen jedem Leser, der sich einer solchen Mischung gerne widmet, nur zu empfehlen.

"Das Obsidianherz" von Ju Honisch ist ein größtenteils spannender und unterhaltsamer Roman, der sowohl mit historischen Inhalten und Fantasy, als auch mit Romantik spielt. Doch die Zusammenstellung ist gut gelungen, wodurch das Buch allen empfohlen werden kann. Man sollte sich weder von Genremix, noch der beträchtliche Länge des Romans abschrecken lassen.

Details

Bewertung

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