Batman

Batman - Der schwarze Spiegel

von Scott Snyder, Francesco Francavilla, Jock (Illustrator*in)
Rezension von Gabriel Zupcan | 18. Juni 2019

Batman - Der schwarze Spiegel

Die Finsternis die Gotham City umgibt, kann Batman nicht besiegen. Er ist ein Teil von ihr. Der größte Held der Stadt ist geradezu die personifizierte Dunkelheit. Aber manchmal bahnt sich die Dunkelheit der menschlichen Seele auch einen Weg in Batmans erweiterte Familie – und er kann es nicht verhindern.

Scott Snyder ist heute als einer der bekanntesten Batman-Autoren der jüngeren Geschichte bekannt. Er erfand den Rat der Eulen, die düstere Verschwörung unter Gothams Elite und baute in seinen Batman-Geschichten nicht nur einen eigenen Gotham-Mythos auf, sondern setzte neue Blickwinkel auf bereits bekannte Aspekte aus Batmans Universum. Zu Beginn seiner Karriere bei Batman war jedoch nicht Bruce Wayne im Cape des Mitternachtsrächers unterwegs, sondern sein erster Ziehsohn, Dick Grayson. „Der schwarze Spiegel“ spielt in eben dieser Periode. Der berühmte erste Robin übernahm nach der „Final Crisis“ Batmans bedrohliches Outfit und sorgte mit Damian Wayne als Robin und Tim Drake als Red Robin für Gerechtigkeit in Gothams Straßenschluchten. Im Gegensatz zu Bruce brütet Dick (etwas) weniger vor sich hin und könnte beinahe schon als etwas fröhlich durchgehen - für ein Mitglied der Bat-Familie. Ein Batman, der hier und da lächelt und sogar sarkastische Kommentare schiebt statt schweigsam Kiefer zu brechen, ist ein Kontrast zum üblichen Programm. Vielleicht ist die Geschichte, in die er in „Der schwarze Spiegel“ verwickelt wird, deswegen zum Kontrast noch ein gutes Stück düsterer.
Zunächst kommt Dick auf die Spur einer Geheimgesellschaft, die der Inkarnation des Bösen frönt und „Artefakte“ aus dem Besitz von Gothams Psychoschurken-Galerie an dekadent-reiche Meistbietende verhökert. Diese Herrschaften erinnern bereits nicht zu wenig an Scott Snyders spätere Umtriebe mit dem Rat der Eulen. Doch erst nachdem Batman den Fall um die Auktionen des Bösen gelöst hat, beginnt sich das Bild im schwarzen Spiegel langsam zu materialisieren. James Gordon ist wieder in der Stadt. Und damit ist nicht der ehrwürdige Commissioner gemeint, sondern sein wenig bekannter Sohn. Dieser hatte als Kleinkind einen Auftritt in Year One (Frank Miller) und wurde seitdem nicht erwähnt. Snyder greift diesen losen Handlungsstrang auf. Die Vorgeschichte von James jr. ist besorgniserregend. Als Kind zeigte er Anzeichen von Psychopathie, weswegen es zu Spannungen in Gordons Familie gekommen ist. Bis zum heutigen Tag vermutet Jim Gordon, dass sein Sohn nicht nur ein Psychopath ist, der gerne Tiere quält, sondern auch für das Verschwinden von einer von Barbaras Jugendfreundinnen verantwortlich war. Doch der junge Mann hat eine Erklärung: er hat sich in Behandlung begeben und nimmt nun Medikamente, die seine psychischen Störungen in den Griff bekommen können. Der von seiner Cop-Natur aus misstrauische Commissioner tut sich schwer dem Jungen eine Chance zu geben. Währenddessen wird Batman mit einem weiteren bizarren Fall konfrontiert: im Foyer einer Bank liegt ein toter Killerwal…

Wenn man das düstere an Batman und seinem Habitat liebt, dann ist dieser Band geradezu wie zugeschnitten auf den Leser. Die Story ist nicht gerade leichte Kost und behandelt dunkle Verbrechen, auf die ein „Sin City“ auch stolz wäre. Doch im Gegensatz zu Millers überdreht-cartooneskem Horror-Noir wirkt es bei Snyder über weite Strecken erschreckend glaubhaft. Hier ist Batman nicht allzu weit entfernt von einem „Dexter“ oder Thomas Harris Werk: ein schockierender Psychothriller, aber immer noch im Bereich des real Möglichen. Selbst als ein toter Killerwal seziert wird, ist man noch meilenweit von einer grotesken Welt wie in „Batman Forever“ entfernt. Die Dunkelheit der Geschichte ist von beiden Künstlern nicht nur aufgegriffen, sondern verinnerlicht worden. Sowohl Jock als auch Francesco Francavilla genießen es, den Horror zu illustrieren. Die Kolorierung ist geradezu farbenfeindlich und setzt die brutalen Striche ausgezeichnet in Szene. Alptraumhafte Bilder, die zu einem Psychothriller passen und im Gedächtnis bleiben. Da ist man regelrecht froh, wenn zumindest Batman am Ende einen zaghaften Witz reißt.

Super-finster und mit kranken Verbrechen ganz knapp oberhalb der Grenze von Schockern wie „Schweigen der Lämmer“: Dick Grayson beweist, dass er ein würdiger Batman sein kann und gibt sich zwar empathischer, aber an der richtigen Stelle ebenso knallhart wie Bruce.

Details

Bewertung

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