Rache-Zyklus
Racheherbst
von Andreas Gruber
Rezension von Stefan Cernohuby
| 08. November 2015
Auch wenn Rache ein Gericht ist, das am besten kalt serviert wird, stellt sich doch die Frage, ob es eine Jahreszeit gibt, die für Rache besonders gut geeignet ist. Wenn man es mit Andreas Gruber hält, gibt es zumindest eine Wahlmöglichkeit zwischen Sommer und Herbst, denn nach dem ersten Band „Rachesommer“ rund um den Ermittler Walter Pulaski gibt es nun den zweiten Roman, der den Titel „Racheherbst“ trägt.
Nachdem in einer Art Intro ein tödlicher Fehler einer Frau, die über Kontaktbörsen den richtigen Mann sucht, dargestellt wird, springt die Handlung ein Jahr weiter – in die Gegenwart der Erzählung. In Leipzig wird eine Frauenleiche gefunden. Ermittler Walter Pulaski ist auch sofort klar, dass es sich um Mord handeln muss. Der jungen Frau wurde nicht nur das Genick gebrochen, sondern zahlreiche andere Knochen im Körper. Als er die Mutter des Mädchens trifft, die extra aus Berlin angereist ist, spürt er ihre Verzweiflung. Seit Jahren wurde jeglicher Kontakt mit ihrer Tochter durch ihren neuen Ehemann unterbunden. Nun, da auch die Schwester der Toten vermisst wird, geht Mikaela vom Schlimmsten aus. Da sie ihren Job verliert, von ihrem Mann geschlagen wird und dann feststellt, dass dieser eine Menge Geld und eine Waffe vor ihr versteckt hat, ergreift sie kurzerhand der Gelegenheit und beginnt selbst nachzuforschen. Dabei kommt sie aber erneut Pulaski in die Quere, der schnell erkannt hat, dass hinter dem Mord mehr steckt, und gegen die Weisung seiner Vorgesetzten die Ermittlungen fortsetzt.
Gleichzeitig beginnt Rechtsanwältin Evelyn Meyers damit, gegen die Empfehlung ihres einstigen Mentors, einen des Mordes angeklagten Schönheitschirurgen zu vertreten. Er steht im Verdacht, die junge Dame aus dem Intro ermordet zu haben – und er hat definitiv eine Menge Dreck am Stecken.
Währenddessen reisen Pulaski und Mikaela den Spuren des Mörders hinterher, der seine Handschrift überall in Europa hinterlassen hat. Letzterer scheint ein Tatoo-Fetischist mit eine Vorliebe für im Dunklen leuchtende Phosphor-Tatoo zu sein. Und die Hinweise führen weiter bis nach Wien, wo Evelyn und ihr Lebensgefährte nicht nur gegeneinander arbeiten, sondern auch in eine tödliche Intrige verstrickt sind...
Ein weiteres Mal wagt sich Andreas Gruber an einen Roman, der zwei Erzählstränge an völlig unterschiedlichen Orten aufbaut. Und auch diesmal gelingt es ihm, die beiden miteinander zu verknüpfen, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Zudem schafft er es bis zum Ende offen zu halten, welcher der Verdächtigen tatsächlich der Mörder ist. Und ruhige Minuten gibt es in dem Werk ohnehin keine. Der zuerst nur halbtags arbeitende, dann im Krankenstand befindliche und zuletzt suspendierte Walter Pulaski macht von allen Mitteln Gebrauch, um den Fall letztendlich doch zu lösen – angeschlagene Gesundheit hin oder her. Das einzige, was vielleicht ein wenig unglaubwürdig wirken könnte, ist die Kaltblütigkeit von Evelyn. Gleich nachdem sie ihren Freund verloren hat, begibt sie sich zu einem Mann, der potenziell der Mörder sein könnte, um dessen Reaktion zu analysieren. Eine Willensstärke, die sicherlich nicht jede Person nach dem Tod des Lebensgefährten hat. Insgesamt ist „Racheherbst“ jedoch ein „typischer Gruber“ mit allen seinen Vorzügen. Das Werk ist spannend, unterhaltsam und actionreich. Die Charaktere reisen durch die Weltgeschichte, dass sogar James Bond ein wenig neidisch wäre, hätte er für deutsche, österreichische und tschechische Städte etwas übrig. Das alles macht „Racheherbst“ zu einem Thriller, den man als Thrillerfan unbedingt gelesen haben sollte.
„Racheherbst“ ist der bisher zweite Roman rund um Ermittler Walter Pulaski und die Anwältin Evelyn Meyers von Andreas Gruber. Wie gewohnt wird man von der Handlung mitgerissen und bekommt kaum die Zeit Luft zu holen. Alle Fans spannender Thriller, die im deutschsprachigen Raum angesiedelt sind, sollten hier unbedingt zugreifen. Denn mehr Spannung für weniger Geld wird man kaum bekommen.
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