Der letzte König von Osten Ard

Die Hexenholzkrone, Band 1

von Tad Williams
Rezension von Stefan Cernohuby | 28. Januar 2018

Die Hexenholzkrone, Band 1

Dreißig Jahre sind für die Erdgeschichte eine vernachlässigbare Zeitspanne. Nicht aber für uns Menschen, denn mitunter handelt es sich hierbei bereits um ein halbes Leben. Tad Williams hat vor seinem ersten Roman der Reihe „Der letzte König von Osten Ard“ in etwa so viel Zeit vergehen lassen. Und doch ist glücklicherweise noch nicht all das vergangen, was man aus der alten Reihe „Die Saga der großen Schwerter“ gekannt hat.

Der schlaksige Junge und die hochnäsige Adelige von einst sind nun König und Königin von Osten Ard und die Ereignisse ihrer Jugend schon beinahe vergessen. Viel schwerer wiegen die Ereignisse der Zwischenzeit, darunter den Tod ihres einzigen Sohns, der Ärger mit ihrem widerspenstigen Enkel Morgan und der Alltag des Regierens. Als sie die Nachricht erreicht, dass ihr guter Freund Herzog Isgrimnur im Sterben liegt, machen sie sich auf, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Doch genau zu dieser Zeit kommen verschiedene Ereignisse in Bewegung. Denn Nornenkönigin Utuk’ku ist aus ihrem jahrzehntelangen Heilschlaf erwacht. Obwohl sie weiß, dass ihre Zeit abläuft, will sie die Sterblichen, denen sie die Schuld an ihrer Lage gibt, ein für alle Mal ausmerzen. Dafür sendet sie eine Hand, also eine militärische Einheit, aus fünf Klauen der Königin aus, um ein legendäres Artefakt wiederzubeschaffen: Die Hexenholzkrone.
Hier kreuzen sich auch die Wege des Halbbluts Nezeru mit einem Mann der sich Jarnulf nennt. Er ist ein Sterblicher und dennoch in der Kunst des Kampfes unglaublich fähig. Wer ist der tatsächlich und auf welcher Seite steht er? Sicherlich eine Frage, die für alle Beteiligten noch eine große Rolle spielen wird.

Fragen wir uns nicht alle manchmal, wohin die Jahre verschwunden sind? Können wir uns nicht wie gestern erinnern, als wir noch zur Schule gingen, uns zum ersten Mal verliebten oder einen Ring nach Mordor brachten? Nun, vielleicht nicht an alle diese Ereignisse. Aber wenn man sich dann vor Augen hält, dass diese vielleicht bereits fünfzehn oder gar zwanzig Jahre zurückliegen, läuft eine ein Schauer über den Rücken. So geht es auch den Protagonisten im ersten Teil des Romans „Die Hexenholzkrone“, der in deutscher Sprache auf zwei Bände aufgeteilt wurde. Obwohl man hier wieder in alte Gewohnheiten zurückverfällt, die eigentlich der Vergangenheit angehören, kann man den Verlag doch ein wenig verstehen. So besitzt das vorliegende Werk bereits über 700 Seiten, was bei einem Hardcover natürlich bereits ziemliche Ausmaße annimmt. Doch auch schon der erste Teil des Werks ist deutlich über den Verbindungsroman „Das Herz der verlorenen Dinge“ zu stellen, mit dem Tad Williams die erste „Osten Ard“-Reihe mit der zweiten verbunden hatte. Man fühlt sich, als würde man in ein altes, einst vertrautes Haus zurückkehren. Nicht alles ist noch genauso, wie man es in Erinnerung hat, aber dennoch sind viele Kleinigkeiten wie früher. Charaktere haben sich etwas verändert, sind aber noch immer wiederzuerkennen. Nostalgie spielt mit, ein wenig Trauer um das Vergangene, und Sorge um das, was folgen wird. Tad Williams ist die Mischung hier perfekt gelungen und fesselt den Leser von der ersten Seite an. Das macht das Werk zu einem Roman, den man als Fantasyfan unbedingt gelesen haben sollte.

Der erste Teil des Romans „Die Hexenholzkrone“ ist mehr als nur eine Rückkehr in die Welt von Osten Ard. Tad Willams ist es hier gelungen, alte Gefühle wieder wachzurufen, er lässt Erinnerungen hochkommen und stellt das Verstreichen der Zeit in einer phantastischen Welt der Realität gegenüber. Und diese dreißig Jahre sind es, die den Unterschied ausmachen und das Werk noch empfehlenswerter machen. Denn man fühlt trotz aller Fantasy einen zugrundeliegenden Realismus, der vielen anderen Romanwelten fehlt. Kenner des Genres und des Autors sollten hier unbedingt zugreifen.

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