Ordinary Farm
Die Geheimnisse der Tinkerfarm
von Deborah Beale, Tad Williams
Rezension von Stefan Cernohuby
| 22. Januar 2012
Ein Trend von Jugendbüchern ist es, dass im Fall von Serien die Inhalte gewissermaßen mit den Lesern mitwachsen. Ist das Einstiegswerk meist noch relativ harmlos gestaltet, steigern sich die Herausforderungen mit jedem weiteren Band. Auch "Die Geheimnisse der Tinkerfarm" von Tad Williams und Deborah Beale kann in diese Kategorie eingeordnet werden. Doch wie weit gehen die beiden Autoren im zweiten Teil der Serie?
Schon das ganze übrige Jahr haben sich Tyler Jenkis und seine Schwester Lucinda darauf gefreut, den Sommer wieder bei ihrem Onkel Gideon auf seiner Farm zu verbringen. Denn bei dieser handelt es sich keineswegs um eine "Ordinary Farm", wie ihr Name lautet. Im Gegenteil, der Landsitz befindet sich in der Nähe einer Verwerfungsspalte zwischen den Dimensionen, und beherbergt daher nicht nur ein Mädchen aus der Eiszeit, einen waschechten Wikingerkönig, eine Art niedere griechische Gottheit, sondern auch jede Menge Kreaturen, die andere nur ins Reich der Fabelwesen abtun würden. Darunter Mantikore, geflügelte Affen und zu guter Letzt sogar Drachen. Doch als die beiden dort ankommen, stellen sie fest, dass so gut wie nichts mehr ist, wie es einmal war. Das Gelände ist nun mit drei Reihen elektrischen Zäunen abgesichert, wird komplett überwacht - darunter auch von gefährlichen Kreaturen, denen kein lebender Mensch zu nahe kommen sollte. Doch die Gefahren von außen und innen breiten sich gleichermaßen aus. Ben Stillman, der immer noch der Meinung ist, Gideon Goldring hätte ihm das Anwesen geraubt, versucht gleichzeitig es sich mit Hilfe eines Anwalts und mit Waffengewalt zurück zu holen. Doch auch Patience Needle, Haushälterin und mutmaßliche Hexe, ist der Meinung, dass Gideon die Farm nicht mehr vernünftig leitet. Sie will vor allem verhindern, dass das Testament zugunsten von Tyler und Lucinda geändert wird, sondern ihrem Sohn Colin zugute kommt, der die ganze Sache sehr zwiespältig betrachtet. So gibt es heimtückische Giftanschläge und die Zucht von Killerpilzen, die alle zusammen vor mehr als nur eine schwere Probe stellen.
Können Kinder eigentlich gern auf eine Farm fahren, wo sie den ganzen Tag schuften müssen und dann auch noch haarsträubende Abenteuer erleben, die zudem auch noch lebensgefährlich sind? Vermutlich ja, wenn sie ohne gröbere Verletzungen aus der ganzen Angelegenheit herauskommen, und das ist ja der Fall. Hier hat man einen kleinen Anfall von "Potter"-Déjà-vu. Denn auch da reisen am Ende wieder alle ab und die Ereignisse harren der Rückkehr der Helden im Folgejahr. Das Buch selbst ist spannend geschrieben, an einigen Stellen gruslig und schon um einiges weniger "harmlos" als der Vorgänger. Das ziemlich offene Ende stellt außerdem klar, dass es bestimmt nicht bei jenen beiden Romanen bleiben wird. Die einzigen Punkte, die wirklich zu kritisieren sind, betreffen den Informationsfluss zwischen den Charakteren. Die beiden jugendlichen Helden finden etwas unglaublich wichtiges heraus, vergessen das aber einfach oder zeigen schlichtweg keine Bestrebung es irgendjemandem anders mitzuteilen - was aber auch bereits im ersten Buch der Fall war. Hier wird das Problem allerdings vertieft. Denn es geht dabei unter anderem um lebenswichtige Details, das Leben anderer Menschen sowie den Fund unglaublich wertvoller und einzigartiger Gegenstände. Ja, vermutlich wäre es schwierig gewesen, den Satus quo nach der Offenbarung all dieser Informationen am Ende des Buchs wieder herzustellen, aber so bleibt ein etwas ungutes Gefühl in der Magengegend zurück. Abgesehen davon ist das Buch jedoch auf jeden Fall zu empfehlen.
"Die Geheimnisse der Tinkerfarm" führt die beiden jugendlichen Helden Tyler und Lucinda ein zweites Mal an den titelgebenden Ort. Die beiden Autoren Tad Williams und Deborah Beale haben dieses Buch jedoch bereits deutlich düsterer gestaltet als den ersten Band der Reihe. Abgesehen von einigen unnötigen Geheimniskrämereien ist das Werk sehr gut gelungen. Man kann gespannt sein, wie die Reihe fortgesetzt wird. Potenzial ist auf jeden Fall vorhanden.
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