Road to Ombos


Seth ist gefallen
von Melanie Vogltanz
Rezension von Stefan Cernohuby | 05. Oktober 2020

Road to Ombos

Für ein übernatürliches Wesen wiegt der Verlust der eigenen Fähigkeiten schwerer, als ein Sterblicher sich das vorstellen kann. Besonders als Gott ist das keine Kleinigkeit. Das muss auch der Protagonist aus der Novelle „Road to Ombos - Seth ist gefallen“ von Melanie Vogltanz feststellen. Denn schließlich handelt es sich bei ihm um keinen kleinen Fisch.

Im Gegenteil, Seth hat einen eher feurigen Charakter und in alter Zeit besaß er auch chaotische Fähigkeiten, die sich des Feuers bedienten. Das ist allerdings nicht der Fall, als er aus dem Nichts mitten ins Wasser klatscht und dann von Menschen gerettet wird. Von Sterblichen, die nicht einmal eine Ahnung davon haben, wer oder was er ist. Auf einem fremden Kontinent und in einer Stadt namens Las Vegas muss der Herr von Ombos erst einmal lernen, wie das Leben in einer völlig anderen Zeit funktioniert. Doch irgendwann hört er das alte Lied wieder und stellt auch fest, dass er nicht allein ist. Er ist nicht der einzige Gott, der hier sein Unwesen treibt. Und das wird dann auch zu einer Gefahr für seine menschlichen Freunde. Für Tara, Billy und vor allem den stummen Fernando. Zu diesem Zeitpunkt wäre es sehr hilfreich, über seine früheren Fähigkeiten zu verfügen. Aber selbst wenn, wird das genug sein für das, was sich am Horizont zusammenbraut?

Manchmal ist es (eine) Geschichte, die eine Autorin oder einen Autor nicht mehr loslässt. Nicht zwangsläufig eine Erzählung, sondern die dorthin führende Recherche, die ganz neue Türen aufgestoßen hat. So ist die vorliegende Novelle auch entstanden. Denn im Rahmen der Recherche zu einer Kurzgeschichte hatte sich die ägyptische Mythologie mit Krokodilzähnen, Klauen und anderen Extremitäten im Geist der Autorin festgekrallt. Und man merkt, es ist noch lange nicht genug. Gerade im letzten Drittel der Novelle wird auf die Vergangenheit des göttlich-chaotischen Protagonisten zurückgeblickt – und man spürt die Begeisterung für ein antikes Pantheon und seine Geschichten. Auch wenn das an dieser Stelle fast etwas viel wird, spürt man hier jedoch auch, dass man vermutlich noch dem einen oder anderen ägyptischen Gott im Vegas der Gegenwart begegnen wird. Zumindest wenn Melanie Vogltanz weiter zulässt, dass sie als Sprachrohr ägyptischer Gottheiten verwendet wird. Und wer weiß, vielleicht sind es ja Horus und Thoth, die ihre Schnäbel mit im Spiel haben.

„Road to Ombos - Seth ist gefallen“ von Melanie Vogltanz ist eine spannende Novelle, mit einem Gefallenen Gott in der Hauptrolle. Doch wäre er kein chaotischer Gott, wenn er sich nicht wieder aufrappeln würde und sich mit der Situation im Las Vegas der Gegenwart arrangieren könnte. Humorvoll, bissig und mitunter etwas nostalgisch, so sind die Götter wohl. Und sicherlich bereit für weitere Abenteuer. Man darf also gespannt sein.

Details

Bewertung

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