Todes-Zyklus

Todesfrist

von Andreas Gruber
Rezension von Stefan Cernohuby | 27. August 2012

Todesfrist

Es kommt mittlerweile ziemlich oft vor, dass sich Inhalte eines Buches auf andere fiktionale Werke beziehen oder sich sogar teilweise auf sie stützen. Auch im Thriller-Genre ist dies kein wirklich neues Stilmittel mehr. Dennoch hat der österreichische Autor Andreas Gruber in seinem Roman "Todesfrist" eine sehr interessante Herangehensweise an die Thematik gewählt. Denn ein Teil der Handlung im Buch bezieht sich auf einen gar nicht so harmlosen Kinderbuch-Klassiker.

Eine wirklich gute Möglichkeit sich die ungeteilte Aufmerksamkeit eines Polizisten zu sichern, ist jemanden in seinem persönlichen Umfeld zu töten. Im Fall von Sabine Nemetz wird es persönlich genug, als man ihre Mutter auf äußerst bizarre Weise ermordet - man ertränkt sie mit Tinte.
Da ihr Vater, längst nicht mehr mit ihrer Mutter verheiratet, behauptet in Kontakt mit ihrem Entführer gestanden zu haben und sich dabei in Widersprüche verwickelt, zählt er schnell zu den Verdächtigen. Doch für Sabine ist klar, er kann es nicht gewesen sein. Auch ihre illegalen Nachforschungen in der BKA-Datenbank untermauern diese These, sind doch kurz zuvor einige ähnlich seltsame Morde begangen worden.
Dann taucht Spezialermittler Maarten S. Sneijder von der BKA auf. Er weiß nicht nur von ihren ungenehmigten Untersuchungen und nimmt sie hart in die Mangel, sondern betrachtet sie von Vornhinein als unfähige Ermittlerin. Doch wie sie schnell feststellt, behandelt er den Rest der Menschheit genauso, als wäre er die Spitze der Nahrungskette. Erst als sie es schafft, die Gedankenbrücke zu dem Kinderbuch „Struwwelpeter“ zu schlagen, kann sie den eiskalt, analytisch und methodisch arbeitenden Dauerkiffer Sneijder auf sich aufmerksam machen. Schließlich bezieht er sie in die Ermittlungen ein, obwohl Sabine selbst die LKA im Nacken hat, die sich mit ihr über ihre Vorgehensweise näher unterhalten wollen.
Sneijder und sie finden weitere Opfer des Mörders, kommen ihm aber dabei näher. Schließlich und endlich führt die Reise nach Wien, wo das Übel in einer Psychotherapie wurzelt. Doch so leicht ist der Mörder nicht gefasst...

Es ist schwierig, verschiedene Themen in einem Buch zu behandeln, besonders wenn diese ausgiebiger Recherche bedürfen. Psychotherapie ist dabei ebenso wenig zu unterschätzen wie Fallanalytiker oder forensische Psychologen. Doch Andreas Gruber hat seine Hausaufgaben definitiv gemacht. Weder die vorkommende psychologische Behandlung, noch die Methoden des Ermittlers wirken in irgendeiner Form unglaubwürdig. Auch die Darstellung der Hauptcharaktere ist ihm hervorragend gelungen - besonders im Fall von Maarten S. Sneijder. Selten ist dem Leser ein derartig ichbezogener, unhöflicher und darüber hinaus noch bekiffter Ermittler begegnet, der mit seiner Masche noch dazu erfolgreich ist. Meistens zumindest, denn Sabine Nemetz schafft es schließlich, den eisenharten Kern aus Zynismus zumindest anzukratzen. Der Kriminalfall ist spannend, der Leser gefesselt und letztlich ist auch die Integration des „Struwwelpeters“ hervorragend gelungen. Details über den Verfasser, frühere Versionen und psychologisches Profil ergänzen sich sehr gut. Selbst die verwendeten realen Schauplätze wirken authentisch. Zudem zeugen die Mordadaptionen ein weiteres Mal von der bildhaften Fantasie des Autors. Jeder der Andreas Gruber bereits kennt, wird vom neuen Werk begeistert sein. Doch auch Thrillerfans, die zum ersten Mal in Kontakt mit einem seiner Romane kommen, werden „Todesfrist“ sicherlich mit Begeisterung verschlingen.

Andreas Gruber kann mit seinem zweiten ‚nichtphantastischen’ Thriller „Todesfrist“ voll und ganz überzeugen. Die spannende Handlung schafft es nicht nur, Inhalte, die auf ein klassisches Kinderbuch bezogen sind, glaubwürdig zu integrieren - auch die Charaktere sind geglückt und bleiben dem Leser definitiv in Erinnerung. Das alles macht den Roman zu einem Werk, für das man eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen kann.

Details

Bewertung

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