Das Imperium der Ströme
Verrat
von John Scalzi
Rezension von Stefan Cernohuby
| 07. September 2019
Eine Welt am Abgrund ist heutzutage nichts Neues mehr. Damit muss man gewissermaßen schon jeden Tag leben. Aber einem galaktischen Imperium, das von seinem finalen Kollaps bedroht ist, begegnet man nicht jeden Tag, auch literarisch. John Scalzi hat nach „Kollaps“ nun den zweiten Band seiner Reihe „Das Imperium der Ströme“ veröffentlicht. Dieser trägt auf Deutsch den Titel „Verrat“.
Alles hat sich verändert, seit der junge Wissenschaftler Lord Marce Claremont bewiesen hat, dass interstellaren Ströme, welche die Welten der Interdependenz verbinden, kollabieren. Zwar ist er noch damit beschäftigt, die letzten Zweifler zu bekehren, in Wahrheit sind aber bereits alle großen politischen und religiösen Bewegungen darauf vorbereitet, das Ereignis zu ihrem Vorteil zu nutzen. Imperatox Grayland II., erst seit kurzer Zeit an der Macht, wird von Verbündeten wie Gegnern gleichermaßen unterschätzt. So trifft es einige völlig unvorbereitet, dass die absolute Herrscherin sich darauf besinnt, im Grunde auch das geistige Oberhaupt der Kirche der Interdependenz zu sein – mit Folgen. Davon einmal abgesehen gibt es zahlreiche überraschende Ereignisse. Denn es existiert ein Nebeneffekt durch das Versiegen der Ströme, mit dem keiner gerechnet hätte. Ein Forschungstrupp macht eine sehr überraschende Entdeckung und Lady Kiva wird erst zu einer Wirtschaftsprüferin, dann zu einer monogamen Person, bleibt aber sonst ganz sie selbst. Und das ist für ihre Feinde schließlich schlimm genug.
John Scalzi ist dafür bekannt, eine Menge Charaktere mit ähnlicher Veranlagung in seinen Romanen zu platzieren. Sie alle sind sarkastisch, mit trockenem Humor ausgestattet und bis zu einem gewissen Grad erbarmungslos. In seiner aktuellen Reihe hat er diese Eigenschaften noch, in zumindest einem Fall, um hemmungslos und sexsüchtig erweitert. Trotzdem bleibt der Roman zumindest im ersten Drittel ziemlich verhalten und sogar hinter den Erwartungen selbst eingefleischter Fans von John Scalzi zurück. Glücklicherweise dreht der Roman danach richtig auf. Es wird intrigiert, actionreich und zu guter Letzt auch spannend, sodass man mit großem Interesse auf einen dritten Band der Reihe warten wird. Denn die Ausgangssituation hat sich insofern verändert, als dass die kommenden Ereignisse nicht mehr komplett vorhersagbar sind, sondern eine gewisse Überraschungskomponente erhalten. Sowohl für den Leser, als auch für die handelnden Personen. Das wird für die folgenden Ereignisse sicherlich bedeutsam. Und es wird auch für Leben und Tod von Protagonisten, Antagonisten und lieb gewonnenen Nebencharakteren entscheidend sein. Zudem gibt es genügend Futter für den offiziellen Lady-Kiva-Fanclub. Dass aus dem englischen Titel „The Consuming Fire“ irgendwie „Verrat“ wurde, kann und muss man einfach verschmerzen.
„Verrat“ ist der zweite Roman von John Scalzi, aus seiner aktuellen Reihe „Das Imperium der Ströme“. Obwohl das Werk ziemlich verhalten beginnt – sehr unüblich für den Autor – steigert es sich dann doch zu jenem Tempo mit jenen Stilelementen, für die man Scalzi seit seiner „Krieg der Klone“-Reihe kennt. Dementsprechend hat das Buch viele starke Momente und man freut sich definitiv auf die eigentlich unvermeidliche Fortsetzung.
Details
-
-
Originaltitel:
The Consuming Fire
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Könnte Ihnen auch gefallen:
Taschenbuch
Genre: Science-Fiction
Es ist sicherlich nicht einfach, ohne jegliche Vorbereitung die Rolle als Herrscher eines gewaltigen Sternenreichs zu übernehmen. Noch schwieriger wird die Situation allerdings, wenn man weiß, dass das...
Taschenbuch
Genre: Science-Fiction
Das Schicksal ist ein Begriff, mit dem Menschen sehr unterschiedlich umgehen. Für manche scheint alles vorherbestimmt, andere lehnen den Gedanken ab, dass irgendetwas schon im Vornhinein feststehen würde....
Taschenbuch
Jedem aufmerksamen Zuseher historischer Science-Fiction ist bestimmt schon aufgefallen, dass gewissen Nebencharakteren nur Kurzauftritte zugestanden werden. Kaum wird es brenzlig, muss einer von ihnen...
Taschenbuch
Versprechen sind für viele etwas Heiliges, das nicht angetastet werden sollte. Ein gebrochenes Versprechen ist somit oft ein Vertrauensbruch und wird auch genauso aufgefasst. Manchmal aber ist man froh,...
Taschenbuch
Viele Romane beginnen als eine Idee, oder noch besser als Gedankenspiel. Dabei gibt es Autoren, die sich besonders gut auf letztere verstehen. Einer von ihnen ist John Scalzi, bekannt vor allem durch seine...
Taschenbuch
Genre: Science-Fiction
Das Schicksal ist ein Begriff, mit dem Menschen sehr unterschiedlich umgehen. Für manche scheint alles vorherbestimmt, andere lehnen den Gedanken ab, dass irgendetwas schon im Vornhinein feststehen würde....
Taschenbuch
Genre: Science-Fiction
Alte Leute ziehen in unserer Gesellschaft nicht in den Krieg. In so gut wie allen Kulturen des Planeten Erde gesteht man jenen, die schon ein ganzes Leben gearbeitet haben, zu, in Ruhe und Frieden ihren...
Taschenbuch
Genre: Fantasy
Es gibt Vereine und Gesellschaften mit den exotischsten Aufgaben, Titeln und Missionen. Manche von ihnen klingen nicht unbedingt so, als hätten sie tatsächlich einen praktischen Nutzen. So wie beispielsweise...
Taschenbuch
Genre: Science-Fiction
Zukunftsvisionen in denen gefährliche Krankheiten, virtuelle Realitäten und Roboter eine Rolle spielen, gibt es einige. In der Regel beschränkt sich ein Roman jedoch auf eine bestimmte der erwähnten...
Taschenbuch
Menschen haben einige erstaunliche Talente. Eines davon ist, nie den Humor zu verlieren. Es kann sein, dass die Welt sich kurz vor der Vernichtung befindet und die ganze Rasse nur einen Schritt vom Abgrund...
Taschenbuch
Genre: Science-Fiction
Es gibt viele Zitate, die mit Köpfen zu tun haben. Aber ob es nun darum geht einen kühlen Kopf zu bewahren oder selbigen nicht zu verlieren, sind diese Sprüche bis auf wenige Ausnahmen eher metaphorisch...
Taschenbuch
Genre: Science-Fiction
An gewissen Zeitpunkten ist jedes Ereignis das letzte seiner Art. Meist ist man sich in diesem Moment dieser Tatsache noch nicht bewusst. Von einer ähnlichen Begebenheit weiß auch der Roman „Die letzte...
Taschenbuch
Genre: Science-Fiction
Es ist sicherlich nicht einfach, ohne jegliche Vorbereitung die Rolle als Herrscher eines gewaltigen Sternenreichs zu übernehmen. Noch schwieriger wird die Situation allerdings, wenn man weiß, dass das...
Taschenbuch
Völlig unabhängig vom Genre ist es jedem Autor möglich, den Aufbau und den Realismus der Handlung sehr unterschiedlich zu gestalten. So gibt es Bücher, die in Fantasywelten angesiedelt sind, aber dennoch...
Taschenbuch
Genre: Science-Fiction
Wenn jemand auszieht, um das Universum zu retten, klingt das unter Umständen ein wenig großspurig. Man kann das auch ein etwas kleiner ansetzen. Aber wenn Welt und Sonnensystem dann wieder zu bescheiden...
Taschenbuch
Im Weltall gibt es unzählige Sterne und dementsprechend vermutlich sogar noch "unzähligere" Himmelskörper, die um sie kreisen - erfüllen sie gewisse Kriterien, werden sie Planeten genannt. In Science-Fiction-Romanen...