Sandman
Traumland
von Neil Gaiman
Rezension von Stefan Cernohuby
| 18. Juni 2009
Auch wenn wir Menschen uns durch unsere Taten während des Wachseins definieren, ist auch der Schlaf lebenswichtig. Nur durch ihn können neue Kräfte getankt werden, um den jeweils nächsten Tag zu überstehen. Doch der Grad der Erholung hängt auch stark von dem ab, was wir während des Schlafens erleben - also von unseren Träumen. Genau diesem Medium widmet sich Neil Gaiman in seiner epischen Comic-Saga "Sandman". Im dritten Teil der Serie, mit dem Titel "Traumland", werden mehrere Geschichten erzählt, in denen Träume eine wichtige Rolle spielen.
Anders als in den beiden Vorgängern wird in "Traumland" nicht die Handlung vorangetrieben, die bisher einigermaßen chronologisch beschrieben wurde, sondern drei nicht zusammenhängende Begebenheiten aus dem von Neil Gaiman geschaffenen Universum erzählt. Auch Dream, oder Morpheus - wie der Herr der Träume mitunter genannt wird, kommt nicht in jeder Geschichte vor. Daher ist es unumgänglich auf die einzelnen Erzählungen einzugehen.
"Kalliope" erzählt von einem Geschöpf, das eigentlich aus der Traumwelt stammt, allerdings durch äußere Geschehnisse in der Realität gefangen ist. Sie ist nämlich eine Muse, die von einem Schriftsteller in seine Dienste gezwungen wurde. Dieser, nunmehr ein alter Mann, verschenkt sie an einen anderen Schreiberling, der nach seinem erfolgreichen ersten Roman nichts mehr zu Papier bringt. Doch wie so oft hat Unrecht, in diesem Fall ein Wesen in einer fremden Domäne gefangen zu halten, schwerwiegende Folgen. Denn wie wir aus dem ersten Band der Serie wissen, wurde Dream einst ebenfalls in der Realität festgehalten... und Kalliope war einst seine Geliebte.
"Der Traum von tausend Katzen" behandelt eine Legende in der Welt der Katzen. Einst waren die Samtpfoten die Herren dieser Welt, so erzählt die große Traumkatze, doch die Menschen schwangen sich durch ihre Träume zu neuen Herrschern auf. Wenn aber genug Katzen das gleiche Träumen, so werden sie irgendwann wieder ihre alte Macht erlangen. Ob dies wohl geschieht?
"Ein Sommernachtstraum" berichtet vom wahren Hintergrund einer der größten Schöpfungen Shakespeares. Denn es handelt sich um ein Auftragsstück von Morpheus, dem Herren der Träume, für die Wesen der Phantasie selbst. So erblicken Oberon, Titania und all die anderen ein Theaterstück, das von ihnen erzählt. Aber was bezweckt Dream damit?
In "Fassade", der letzten Erzählung des Bandes, wird von einer ehemaligen Agentin erzählt, die eine schreckliche Verwandlung durchgemacht hat. Nach unsäglichem Leid und einem Leben fern der Gesellschaft wünscht sie sich nichts mehr als den Tod. Nunja, wie man ja weiß ist Death die große Schwester von Dream. Und eines Tages kommt sie auch zu armen, leidenden Menschen wie Rainie...
Es ist keine schlechte Idee, Geschichten aus dem Reich des Sandman zu erzählen, die nicht zwangsläufig ihn als Protagonisten behandeln. Jedoch ist man durch die Erzähldichte, die im zweiten Band "Das Puppenhaus" schon beinahe beängstigende Ausmaße angenommen hat, anderes gewohnt, als einen in "Traumland" erwartet. So handelt es sich also zweifellos um gute Erzählungen, aber dennoch um einen Rückfall im Vergleich zum Vorgänger.
Auch die wechselnden Zeichenstile sind nicht unbedingt jedermanns Sache. Persönlich haben mir die Illustrationen in "Kalliope" überhaupt nicht zugesagt, während die anderen dann eher wieder dem Zeichenstil entsprechen, den man bisher aus der "Sandman"-Reihe gewohnt war. Interessant ist vielleicht noch die Information, dass die Geschichte "Ein Sommernachtstraum" mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet wurde - etwas, was auf jeden Fall berechtigt ist. Doch rein von Stimmung und Handlung her bleiben auch die anderen Kurzcomics - wenn man sie so nennen will - nicht hinter ihr zurück. Somit ist "Traumland" für jeden Fan von Neil Gaimans Sandman-Universum unverzichtbar, aber auch für alle anderen Comicliebhaber in jedem Fall zu empfehlen. Trotzdem, im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger ist der dritte Band der Saga etwas schwächer.
Neil Gaiman hat mit seinem "Sandman"-Zyklus neue Maßstäbe in der Comicwelt gesetzt. "Traumland" ist davon nun der dritte Teil, der nicht direkt die Handlung aus den ersten beiden Bänden fortsetzt, sondern zusammenhanglose Geschichten aus dem Universum erzählt. Doch auch wenn diese sehr gut sind, fällt der Band damit im Vergleich zum Vorgänger "Das Puppenhaus" etwas ab. Dennoch ist das Comic für alle Fans der Serie essentiell und für jeden anderen Comicliebhaber empfehlenswert.
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