Shadowmarch
Das Spiel
von Tad Williams
Rezension von Stefan Cernohuby
| 06. November 2017
Die üblichen Elemente eines Fantasy-Romans sind hinlänglich bekannt. Kurzlebige aber heißblütige Menschen, langlebige und edle Elben sowie eine beliebige Anzahl bösartiger Mächte, die versuchen die Welt an sich zu reißen und die bisher etablierten Strukturen für immer zu vernichten. Tad Williams, sowohl Fantasy- als auch Science-Fiction-Fans durch „Osten Ard“ und „Otherland“ bestens bekannt, löst sich mit dem zweiten Band seiner „Shadowmarch“-Trilogie von altehrwürdigen Werten. Wo es hingeht, das können die Leser selbst herausfinden.
Denn weder sind Elben schön, noch sind sie edel. In den Reichen der Menschen regieren Verrat und Niedertracht. Könige werden in der Fremde festgehalten und durch verschwendungssüchtige Besatzer ersetzt. Besonders schlimm trifft es die Familie Eddon. König Olin wird in einer Burg fern seiner Heimat gefangen gehalten, in einer Festung, die der Autarch Sulepis von Xis an sich bringen will. Er, in dessen Adern göttliches Blut fließt, denkt nicht daran sich von einer uneinnehmbaren Festung aufhalten zu lassen. Auch die Tatsache, dass hunderttausende Soldaten für die Eroberung sterben könnten, bekümmert ihn gar nicht. Olins Sohn Barrick verschlägt es tief ins Feindesland. Dort muss der verkrüppelte Königssohn feststellen, dass es Bündnisse geben kann, welche sogar die unmittelbare Feindschaft zwischen der Menschheit und den Qar unbedeutend machen können. Insbesondere wird ihm dies bewusst, als er und seine Begleiter auf den Halbgott Kituyik stoßen, der in den alten Legenden nur "Kettenjack" genannt wird...
Auch Barricks Schwester Briony muss ihre eigenen Abenteuer bestehen. Sie flieht, als das Reich ihres Vaters vom Hause Tolly übernommen wird, doch durch Verrat und widrige Umstände wird sie immer wieder von denen getrennt, die ihr helfen wollen. Schlussendlich stößt sie auf eine fahrende Theatertruppe, der sie sich - als Junge verkleidet - anschließt.
Diese und zahlreiche weitere Handlungsfäden sind im zweiten Band der "Shadowmarch"-Trilogie "Das Spiel" zu finden, welcher im Original den Namen "Shadowplay" trägt.
Die Komplexität und das Verweben von zahlreichen Handlungsfäden sind genau die Dreh- und Angelpunkte aller Werke von Tad Williams. Versucht man in den Roman "Das Spiel" einfach hineinzulesen, ohne Charakteren, ihren Verwandtschaftsbeziehungen und ihren Interaktionen besonders große Aufmerksamkeit zu widmen, wird man schnell feststellen, dass man eigentlich keine Ahnung hat, worum es überhaupt geht. Obwohl als zweiter Band einer Trilogie konzipiert, ist das Buch zwar grundsätzlich eigenständig lesbar, allerdings steigt das Verwirrungspotential dann noch um einiges, da es etliche Ereignisse gibt, die im ersten Band geschehen sind und nur angedeutet werden. Williams schafft es entgegen den festgefahrenen Grundsätzen von Fantasy-Romanen neue Elemente einzubringen und „klassische“ Elemente so abzuändern, dass sie beinahe nicht mehr zu erkennen sind.
Oberflächlich gesehen könnte dem Werk angekreidet werden, dass die Handlung trotz stattlicher Länge - beinahe 800 Seiten - sich nicht beeilt zum Punkt zu kommen. Gemächlich, teilweise fast schmerzhaft langsam, formt sich ein Gesamtbild aus den verschiedenen Erzählungssträngen. Ein Bild, das durchaus nichts Gutes verheißt.
Interessant ist in jedem Fall, dass sich die Hauptcharaktere der Erzählung offensichtlich nicht aus eigenem Antrieb entwickeln können. Erst durch Anstöße „von außen“ verändert sich etwas. So bekommen Nebencharaktere - manchmal trotz kurzer Halbwertszeit -, sehr viel Bedeutung und wirken manchmal sogar farbiger als der jeweilige Protagonist des entsprechenden Handlungsfadens. Doch trotz aller Kritikpunkte ist der zweite Band der „Shadowmarch“-Trilogie ein sehr guter Roman, der Lust auf den dritten macht. Denn zahlreiche lose Fäden warten noch darauf, miteinander verknüpft zu werden.
„Das Spiel“ ist der zweite Band der „Shadowmarch“-Trilogie von Tad Williams. Der vor allem für „Osten Ard“ und „Otherland“ bekannte Autor beweist mit seinem aktuellsten Werk wieder einmal, dass ihm die Ideen noch lange nicht ausgegangen sind. Obwohl das Buch auch als Einzelroman gelesen werden kann, sollte man jedem interessierten Leser empfehlen sich zuerst "Die Grenze" zu Gemüte zu führen. Dann spricht allerdings nichts mehr gegen den Lesegenuss.
Details
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Originaltitel:
Shadowplay
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