Harley Quinn

Kopfgeld auf Harley Quinn

von Amanda Conner, Jimmy Palmiotti
Rezension von Gabriel Zupcan | 23. Januar 2015

Kopfgeld auf Harley Quinn

Eine Psychiaterin die komplett durchdreht und ihr eigener größter Patient werden könnte? Dem Kenner von Comics und Klischees zuckt nicht einmal das Augenlid. Hugo Strange, Jeremiah Arkham - im DCU steht man als Psycho-Doktor automatisch schon mit einem Bein in der Klapse. Dr. Harleen Quinzel, das Aushängeschild der durchgeknallten Mediziner, bekommt eine neue Serie und wir machen uns an die Psychoanalyse. Bitte Platz auf der Couch zu nehmen und eine Zigarre anzünden.

Seit Harley Quinn von Paul Dini und Bruce Timm für die legendäre Batman-Zeichentrickserie als Jokers Sidekick erschaffen wurde, erfreut sie sich einer außerordentlichen Popularität. Als einer der wenigen Charaktere, die für eine Adaptation des DC Universums erfunden wurden, hat sie es in das "echte" DC Universum geschafft und ist seit Jahren ein fixer Bestandteil. Ausgestattet mit Superkräften, die ihr von Poison Ivy verliehen wurden, verdingt sich Harley nicht nur als Jokers Komplizin und Geliebte, sondern hatte auch für einige Zeit eine eigene Serie als Headliner und spielte zuletzt als eine der Gotham City Sirens und in der Suicide Squad eine große Rolle. Anders als der Joker bewahrte sich Harley trotz ihrer überaus gewalttätigen Seite immer eine gewisse naive Unschuld, sowie einen seltsamen Gerechtigkeitssinn und eignet sich aufgrund dieser Ambivalenz so besser als Hauptdarstellerin in einer eigenen Serie. Wir vermuten außerdem, dass sexy Damen, die leicht verrückt sind, ebenso gut beim Zielpublikum ankommen. Die Fanzahlen von Suicide Girls sprechen hier ihre eigene Sprache. Abgeschmeckt wird die Mischung durch unkonventionellen Humor, um nicht zu sagen offensichtlichen Unfug, der mit voller Absicht betrieben wird und sich mit Ach-und-Krach in das Gesamtgefüge des DC Universum quetscht.
Harleys Geschichte beginnt mit einem explosiven Gruß ihres (Ex?)-Freundes Joker an sie, den sie zwar überlebt, ihr ausgestopfter Lieblings-Biber Bernie jedoch nur mit angesengtem Fell. Besagter Bernie ist zwar Harleys Sidekick, doch seltsamerweise kann nur sie seine bissigen Antworten hören. Man sieht schon am Anfang womit man zu rechnen hat. Im Prolog durchbricht man vorerst die Vierte Wand, als die Protagonistin beginnt mit den Autoren zu diskutieren, wer denn die Serie zeichnen könnte. Seite für Seite wird von einem DC-Künstler gezeichnet und bietet verschiedenste Versionen des Charakters, bis wir schließlich in der Realität des Comics landen und Harley erfährt, dass sie eine Erbschaft gemacht hat: ein Haus in Coney Island. Diese "Nullnummer" zu Promo-Zwecken ist auch gleich das Highlight des Bandes und der Grund warum vielleicht auch Skeptiker zu Harley Quinn #1 greifen sollten. Viel Selbstironie und Insidergags werden wunderbar verpackt, so dass sogar der Rezensent höchstpersönlich laut lachen mußte. Und der lacht so oft wie Batman.

Nach der DC-Künstlerparade zeichnet der wunderbare Chad Hardin die Serie weiter (mit Aushilfe vom ebenfalls großartigen Stephane Roux in Ausgabe #2). Die angenehm farbenfrohe Kolorierung von Alex Sinclair hebt sich von vielen eher düsteren DCU-Serien ab, ohne cartoonisch zu wirken und ist absolut treffend für den Charakter.

Der Rest der Geschichte ist ein episodenhafter Mix durch den sich ein dünner roter Faden zieht. Harley kommt in Coney Island an und erfährt dass sie ein Haus mit Freaks, oder besser gesagt "Kuriositäten" geerbt hat, das unter anderem ein Museum von Serienkillern beinhaltet. Ihre Freude ist natürlich unbändig. Wir lernen hier die neuen Nebencharaktere kennen, wie Big Tony, die Mafia-Guido-Version von Tyrion Lannister. Harley sucht sich erst einmal einen regulären Job um alles bezahlen zu können und bewirbt sich doch zu einiger Überraschung mit blonder Perücke in ihrem alten Metier als Psychotherapeutin. Das ist großartig und wir wollen mehr davon, doch leider ist dieser Handlungsstrang noch etwas unterrepräsentiert. Währenddessen wollen allerlei Auftragskiller der Clownprinzessin ans Leder, doch diese ermordet sie recht mühelos nebenbei, ohne sich zunächst darum zu kümmern wer diese Herrschaften den überhaupt geschickt hat. Diese Handlung wird in Ausgabe 1 noch nicht aufgelöst und schafft es einen Cliffhanger zum nächsten Teil zu bilden.

Die Bewertung fällt etwas schwer, denn entweder hasst man Harley Quinn (oder findet das Konzept zumindest doof), oder man liebt sie. Harley ist nicht so satirisch abgehoben wie Deadpool, auch wenn das Potenzial da ist, und das ist fast die Schwäche des Konzeptes. Denn mehr oder weniger sinnlose Gewalt gegen "Nervensägen" kann auf Dauer keine Sympathien halten. Ich gehöre in die Kategorie, die diese Art von Charakter eher nicht so interessant findet, aber selbst ich muß gestehen, dass im Comic ein paar wirklich gute Ideen stecken und das Artwork ist wirklich ein Augenschmaus. Man kann dem Comic zumindest aus Neugier auf jeden Fall die Chance geben, Fans von Harley werden ohnehin nicht herumkommen. Wer komplett neu einsteigen will, sollte auch beherzt zugreifen. Der Charakter ist nicht so komplex und schleppt nicht so viel Ballast mit sich, wie manch anderer DC-Held und dank des neuen Szenarios in Coney Island steht sowieso alles auf Anfang.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
    Keine Bewertung
  • Erotik:
  • Illustration:

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