Bobby Dollar
Happy Hour in der Hölle
von Tad Williams
Rezension von Stefan Cernohuby
| 19. Oktober 2015
Es gibt Orte, an die Menschen in der Regel zu Lebzeiten niemals gelangen. Selbst übersinnliche oder mythologische Kreaturen haben es schwer, zu diesen vorzudringen. Doch unabhängig davon, ob man nun real existiert oder selbst nur Erfindung ist, ist ein Besuch in der Hölle selten amüsant. So ist der Titel des zweiten „Bobby Dollar“-Romans von Tad Williams eher schwer glaubhaft. Denn er lautet „Happy Hour in der Hölle“.
Obwohl Bobby Dollar, oder Doloriel, wie er als Engel heißt, eine gewisse Reputation aufgebaut hat, wenn es darum geht Unsinn zu reden, ist er aktuell nicht in guter Stimmung. Das hat so seine Gründe. Zum einen wird er von einem verrückten, unaufhaltsamen und eigentlich bereits vernichteten Killer verfolgt, zum anderen ist die Frau, in die er sich verliebt hat, für ihn unerreichbar geworden. Und das wurde sie nicht dadurch, dass sie irgendeine gesellschaftliche Position erreicht hat oder heiraten will. Es bedeutet einfach, dass sie von einem hohen Höllenfürsten namens Eligor, der auf Bobby gar nicht gut zu sprechen ist, entführt, gefangen genommen und mutmaßlich gefoltert wurde. Bobbys Verzweiflung wird dadurch so groß, dass er einen vollkommen verrückten Plan fasst. Er will in die Hölle vordringen und seine große Liebe – denn als solche hat er Caz, auch bekannt als Gräfin von Coldhand, mittlerweile erkannt. Und das, obwohl eine Liebe zwischen einer Dämonin und einem Engel natürlich nicht unbedingt erfolgsversprechend ist. In einem geborgten Dämonenkörper schmuggelt sich Bobby über einen Seiteneingang der Hölle ein, um Ebene für Ebene zu durchqueren. Dank eines Geheimauftrags trifft er zuerst einen Verbündeten, der daran glaubt, dass Sünden irgendwann vergeben werden können. Mit seiner Hilfe und eines kleinen, in der Hölle geborenen Jungen, muss er sich der grausamen Realität der Hölle stellen. Und als er sich endlich bis in die Höhen des Pandämoniums vorgearbeitet hat und seine Angebetete findet, fangen seine Probleme erst richtig an...
Eines muss man gleich vorweg feststellen. Der Weg durch die Hölle ist weder für den Protagonisten noch für den Leser ein einfacher und benötigt durchaus einen starken Magen. Der Humor, von dem der erste Band der Reihe noch getrieft hat, ist zwar immer noch vorhanden, wird aber durch die äußeren Gegebenheiten und Geschehnisse zunehmend gedämpft. Dennoch bleibt der Protagonist unerschütterlich und schafft es selbst nach höllischer Folter immer noch, Witze zu reißen. Das nimmt im Gegenzug wieder etwas von der grusligen, etwas grauenhaften Handlung mit nicht geringem Ekelfaktor. Insgesamt setzt sich aber der Erzählstil des Autors durch, Spannung und Amüsement sind vorhanden und letztendlich ist das Buch insofern gelungen, dass man fast darüber hinwegsehen kann, dass es sich dabei wohl nur um einen Brückenband handelt – denn der große Showdown wird mit Sicherheit im dritten Roman stattfinden, sollte es bei einer Trilogie bleiben. Allen Fans von Tad Williams, Liebhabern von Himmel-Hölle-Romanen und guter Fantasy kann man das Werk „wärmstens“ ans Herz legen. Man darf gespannt sein, wie sich die weitere Handlung gestalten wird, die mit Bestimmtheit nicht nur in der Hölle angesiedelt sein wird.
„Happy Hour in der Hölle“ ist trotz des euphorisierenden Titels nicht unbedingt ein freudenstrotzendes Werk. Der zweite Band der Reihe „Bobby Dollar“ von Tad Williams führt den Protagonisten in die Hölle und (möglicherweise) wieder zurück. Ein höllisches Lesevergnügen, das Lesern mit nicht ganz so starkem Magen möglicherweise ein wenig auf selbigen schlagen könnte. Insgesamt können wir das Werk aber trotz des kommenden Showdowns im dritten Band empfehlen.
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