Qual

von Stephen King, Richard Bachmann
Rezension von Stefan Cernohuby | 18. September 2007

Qual

Protagonisten von Romanen sind im Normalfall etwas Besonderes. Meist sind sie schlauer, haben einen genialen Plan, sind kreativ, reich oder vom Schicksal begünstigt. In den seltensten Fällen sind sie aber geistig behindert. Abgesehen von Filmausnahmen wie „Forrest Gump“ oder „Rain Man“ ist es im Bereich der Literatur eher eine Ausnahme, wenn ein Hauptcharakter eine psychische Benachteiligung aufweist. In Stephen Kings - oder Richard Bachmanns - Roman „Qual“ ist dies allerdings der Fall.

Doch auch sonst, entgegen dem Normalfall, ist Clayton Baisdell jr., oder „Blaze“, wie er meist genannt wird, kein strahlender Held, sondern ein Gauner. Das Prädikat „kleiner Gauner“ kann er allerdings umgehen, da er über zwei Meter groß und stark wie ein Ochse ist. Dank seines Vaters, der ihn in schwer alkoholisiertem Zustand mehrfach die Treppe hinuntergeworfen hat, ist er nun schwer geistig behindert und hat zu allem Überfluss noch eine Delle in der Stirn, die ihn beinahe wie ein Monster wirken lässt - obwohl er eigentlich ein ziemlich gutmütiger Zeitgenosse ist. Leider macht er immer wieder die falschen Bekanntschaften. Besonders gut beeinflussen kann ihn sein verbrecherischer Freund und Mentor George Rackley. Dieser starb zwar bereits vor mehreren Monaten, jedoch hat er seinen Einfluss auf den Freund deshalb noch lange nicht verloren. Denn Blaze hört seine Stimme immer noch. Sie weist ihn sowohl auf alltägliche Tätigkeiten hin, auf die er selbst immer wieder vergisst, als auch auf den letzten großen Coup, den sie gemeinsam geplant haben. Diesen soll er nun alleine durchführen, geleitet von der Stimme seines verstorbenen Kameraden. Dabei handelt es sich allerdings um ein Verbrechen, das den Horizont des Riesen bei weitem übersteigt. Die Entführung eines Babys und eine anschließende Lösegeldforderung...

In der Erzählung wird immer wieder zwischen Gegenwart und Vergangenheit gewechselt. Teilweise um die Hintergründe für die Beweggründe der Hauptperson zu erläutern, teilweise um den 1973 unter seinem Pseudonym Richard Bachman verfassten Roman etwas zu strecken. Die laut King „modernisierte“ Handlung soll die Defizite korrigieren, die damals dazu geführt haben, dass der Roman bis dato niemals veröffentlicht wurde. Teilweise ist das ganz gut gelungen, auch wenn wieder einmal überhaupt nicht nachvollzogen werden kann, wieso die deutsche Version des Romans den Namen „Qual“ trägt. Das ist nicht einmal mit schlechter Übersetzung zu erklären. Was das Ende des Buches angeht, das im Original wie der Protagonist „Blaze“ heißt, dieses ist etwas abrupt und nach der langen Vorgeschichte und der akribischen Aufzählung der Meilensteine im Leben der Hauptperson auch eher unbefriedigend. Um den Leser etwas gnädiger zu stimmen, findet man nach dem Ende des Werkes noch ein längeres Nachwort von Stephen King und eine Kurzgeschichte mit dem Titel „Erinnerungen“, auf deren Basis ein anderer Roman im Jahr 2008 erschienen ist. Leider gelingt das nur teilweise. Von einem „neuen“ Werk, unabhängig davon ob es nun wirklich neu oder einfach nur verschollen war, von Richard Bachman alias Stephen King erwartet man doch erheblich mehr.

Das Buch „Qual“ von Richard Bachman alias Stephen King enthält einen unveröffentlichten und überarbeiteten Roman aus dem Jahr 1973, sowie eine Kurzgeschichte, auf der ein anderer Roman basiert. Da man das Buch aber vor allem wegen des enthaltenen Romans kauft, wird man mit Recht ein wenig enttäuscht von selbigem sein. Fans von Stephen King und Liebhaber des Horrorgenres sollten keine allzu großen Erwartungen haben, wollen sie dennoch zu diesem Werk greifen.

Details

Bewertung

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