Sprengstoff

von Richard Bachmann, Stephen King
Rezension von Stefan Cernohuby | 10. September 2013

Sprengstoff

Man stelle sich vor, jemand möchte eine völlig uninteressante, unnötige Umgehungsstraße bauen. Und schlimmer als das, man möchte sie auf einer Route bauen, die genau durch das eigene Haus führen würde. Ein Szenario, das nicht zuletzt durch Douglas Adams bekannt ist. Doch was, wenn kein Außerirdischer interveniert? Wenn ein Mann ganz allein gegen einen übermächtigen Gegner vorgeht, behandelt Stephen Kings Roman "Sprengstoff", den er noch unter dem Pseudonym Richard Bachmann verfasst hat.

George Dawes tut manchmal Dinge, die nicht jeder nachvollziehen kann - auch er selbst nicht. So auch ein Waffenkauf, den der friedliebende Mann überhaupt nicht geplant hat.
Er hat auch Überzeugungen, die nicht immer allen klar sind. Seine Frau und er haben ein mittelmäßiges Leben in einem durchschnittlichen Haus, er hat einen leitenden Posten in einer Wäscherei - nichts, was irgendwie aus der Masse herausragt. Seit er seinen Sohn durch einen Gehirntumor verloren hat, ist nicht mehr viel wie zuvor. Ob es dieses einschneidende Erlebnis in seinem Leben war oder nicht, ist ihm selbst nicht klar. Trotzdem beschließt er, die Ablösesumme für das Haus nicht zu kassieren und keinen Vertrag für den Kauf des neuen Gebäudes der Wäscherei zu unterzeichnen, die mittlerweile nur noch ein winziger Bestandteil eines großen Unternehmens ist. Eine Entscheidung, nach der nicht nur sein Verstand in Frage gestellt wird. Auch seine Frau sucht das Weite. Während er einige Zufallsbekanntschaften macht, reift in ihm ein wahnwitziger Plan: Die Zerstörung der Autobahn.

Richard Bachmann und Stephen King mögen zwar ein und dieselbe Person sein, ihr Schreibstil und ihre thematische Ausrichtung unterscheiden sich jedoch merklich. Bachmanns Stil ist geradliniger aber gleichzeitig mehr auf einen einzelnen Protagonisten fokussiert. Das kann man bei "Sprengstoff" geradezu exemplarisch feststellen. Alles geschieht nur aus der (etwas verschrobenen) Perspektive der leicht gespaltenen Persönlichkeit von George Dawes. Und dessen Handlungen sind wirklich schwer nachzuvollziehen, wirken sie manchmal selbstsüchtig und manchmal nahezu altruistisch. Das macht die Handlung trotz ihrer Geradlinigkeit bis zu einem gewissen Grad unvorhersehbar, obwohl sich seine finale Motivation nicht nur aus dem deutschen Titel Sprengstoff (im Englischen zumindest nur "Roadwork") herauslesen lässt, sondern auch zwischen den Zeilen herauszukristallisieren beginnt. Obwohl das Buch selbst jetzt nicht unbedingt zu den spannendsten gehört, die King oder Bachmann veröffentlicht haben, wird das durch die Beschreibung des Charakters von Dawes weitgehend wettgemacht. Man wird mitgerissen, wie er seinen irrationalen Ideen nachgeht und leidet mit, wenn er mit seinen Idealen in Frage gestellt wird oder gar von anderen verlacht. Für alle Fans der Bachmann-Romane, die dieses Werk noch nicht ihr Eigen nennen, kann man es auf jeden Fall empfehlen.

"Sprengstoff" war der dritte Roman von Richard Bachmann, dem Pseudonym von Stephen King. Und auch wenn das Werk mittlerweile über 25 Jahre auf dem Buchrücken hat und die Hintergrundidee ein wenig an Douglas Adams erinnert, kann das Werk trotzdem immer noch überzeugen. Denn gewisse Aspekte der Handlung sind zeitlos und könnten immer geschehen - egal ob in der Vergangenheit, der Gegenwart oder in ferner Zukunft. Insofern kann das Werk nicht nur jedem empfohlen werden, der Bachmann (oder King) kennt, sondern auch all jenen, die sich immer schon gefragt haben, was Arthur Dent wohl getan hätte, wäre er militant gegen Baukommandos vorgegangen.

Details

  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    07/2013
  • Umfang:
    448 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ASIN:
    3453436903
  • ISBN 13:
    9783453436909
  • Preis (D):
    9,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:

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